Anwalt Oliver Wächter äussert sich zum Urteil
Der Anwalt von Ruben D., Oliver Wächter, äussert sich zum Urteil: «Das Urteil ist massiv zu hoch.» Die grosse seelische Belastung sei vom Gericht nicht berücksichtigt worden.
Staatsanwältin Regula Echle äussert sich zum Urteil
Nach der Verurteilung von Ruben D. nimmt Staatsanwältin Regula Echle im Blick-Interview zu der Entscheidung des Gerichts Stellung. «Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist es wichtig, dass das Gericht den Sachverhalt grundsätzlich gleich eingeschätzt hat wie die Staatsanwaltschaft.» Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft habe das Gericht aber in seiner rechtlichen Würdigung nur auf vorsätzliche Tötung erkannt, was einen anderen Strafrahmen öffne.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft müsse das Urteil nun geprüft werden. Der Beschuldige befindet sich derzeit auf freiem Fuss. Wann der Verurteilte schliesslich die Strafe absitzen muss, bestimmt dann der Massnahmenvollzug, wenn das Urteil rechtskräftig ist. Dafür ist die Staatsanwaltschaft nicht mehr zuständig.
Acht Jahre Haft
Nachdem Ruben D. den Revolver abgenommen hatte, sei die Notwehrlage nicht mehr gegeben gewesen, sagt der vorsitzende Richter erneut. Die Gewalteinwirkung sei massiv gewesen. «Brustbein und Rippen waren gebrochen». Jetzt nennt der Richter die Strafe: «Eine Freiheitsstrafe von acht Jahren sehen wir als angemessen», sagt der Richter. «Er ist schuldig der vorsätzlichen Tötung.»
Das Urteil wird verlesen
Der vorsitzende Richter beginnt mit der Erklärung des Urteils, bevor er die Entscheidung mitteilt. Ruben D. hört angespannt zu. Er zitiert die verschiedenen Gutachten. «Die Notwehrlage war ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr gegeben», sagt der Richter. Der Abfallsack, den das Opfer über den Oberkörper getragen hatte, müsse nach dem Kampf angezogen worden sein. Als der Täter ging, lebte das Opfer noch. «Ruben D. hat den Tod mindestens in Kauf genommen», sagt der Richter. Aber: «Ruben D. hat aber das Opfer nicht an den Fluss gelockt, auch den Revolver hat das Opfer mitgebracht, nicht der Täter», sagt der Richter. «Soweit gibt es keine grossen Vorbereitungshandlungen.»
Heute fällt das Urteil
Muss Ruben D. (28) für 16 Jahre wegen Mordes an dem Bestatter Paul T.* (†60) hinter Gitter – oder marschiert er als freier Mann aus dem Gerichtssaal? Ab 8 Uhr fällt das Urteil im Mordprozess. Blick ist vor Ort.
Dieses Urteil dürfte dem Gericht in Olten SO nicht leicht fallen. Denn der angeklagte Killer ist nicht nur Täter – sondern auch Opfer. Heute fällt das Verdikt im Mordprozess um den 28-jährigen Rapper Ruben D.* (Blick berichtete). Er soll 16 Jahre ins Gefängnis für einen besonders skrupellosen Mord, wenn es nach der Staatsanwaltschaft geht. Der angeklagte Ruben D. bestreitet zwar nicht, den Bestatter Paul T.* (†60) in der Nacht vom 7. auf den 8. September 2022 am Ufer der Aare umgebracht zu haben. Trotzdem fordert der Verteidiger: Sein Mandant soll den Gerichtssaal als freier Mann verlassen. Die Verteidigung plädiert darauf, dass das Gericht von einer Bestrafung absieht – und sieht in der Tat keinen Mord, sondern einen Totschlag.
Begründung: «Ruben D. war der Sexsklave des Opfers.»
Jahrelange Übergriffe
Als der Angeklagte gerade einmal 11 Jahre alt war, wurde er von seinem späteren Opfer zum ersten Mal sexuell missbraucht, so der Verteidiger. Die Übergriffe begannen dort, wo viele Jahre später zur Bluttat kommen sollte: am Ufer der Aare. Ruben D., laut Verteidigung ein vernachlässigtes Kind, habe damals von Paul T. Alkohol bekommen. Paul T. habe sich danach immer wieder sexuell an Ruben D. vergangen.
Das junge Alter, die Unsicherheit – und ein Cocktail aus Alkohol und Cannabis hätten dafür gesorgt, dass der Bursche regelrecht abhängig von seinem Peiniger geworden sein soll, über Jahre hinweg. «Seine Kindheit wurde von einem egoistischen Triebtäter kaputtgemacht», sagte der Verteidiger. Dass es tatsächlich zu diesen Übergriffen kam, das anerkennt auch die Anklägerin.
Im September 2022 trafen sich die beiden Männer zum letzten Mal am Ufer der Aare in Winznau SO. Es gab laut Anklage eine Diskussion, offenbar um den langjährigen Missbrauch, dann einen Streit. Paul T. – das spätere Opfer – soll mit einem Revolver auf den Angeklagten geschossen haben, ohne ihn zu treffen.
Die Tatwaffe gehörte dem Opfer
Ruben D. habe ihm die Waffe dann entrissen. Er habe den Bestatter gezwungen, sich auszuziehen und sich einen Müllsack überzustreifen. «Dann kam es zu massiver Gewalteinwirkung gegen den Oberkörper, Kopf und Hals des Opfers», so die Anklage. Es fiel der tödliche Schuss in den Hintern des Opfers, das in der Folge verblutete. «Es ist explosionsartig aus mir herausgebrochen», begründete Täter Ruben D. «Ich kann mir nicht erklären, wie, warum und wann. Aber die aufgestauten Emotionen haben sicher eine Rolle gespielt.»
*Namen geändert