Schweizer Senioren entdecken Dating-Plattformen
Plötzlich wieder Schmetterlinge im Bauch

Nach dem Tod ihres Mannes ist Beatrice Keller (65) wieder bereit, sich zu verlieben. Viele Dates verlaufen erfolglos. Dann meldet sie sich bei einer Partnervermittlung an – und findet ihr Glück.
Publiziert: 16.02.2025 um 00:53 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2025 um 12:42 Uhr
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Viele ältere Menschen sehnen sich danach, sich zu verlieben.
Foto: Getty Images/Westend61

Auf einen Blick

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Sara BelgeriRedaktorin

Beatrice Keller ist nicht gerne allein. Sie braucht einen Menschen an ihrer Seite. Einen Partner. «Jemanden, bei dem ich mich anlehnen kann», sagt sie. Mit ihrem Mann teilte sie 33 Jahre lang das Leben. Dann starb er an Leukämie. Und plötzlich war sie allein.

Zehn Jahre ist der Tod ihres Mannes nun her. Damals war sie 55 Jahre alt. Sie ging zu einer Psychologin, machte Trauerarbeit. Sie führte ein Tagebuch, machte Fotoalben mit Bildern von sich und ihrem Mann. Es dauerte fünf Jahre, bis sie wusste: Jetzt hat sie gelernt, zu akzeptieren. Und: Sie ist bereit, sich wieder zu verlieben.

Online-Dating und Partnervermittlungen

Zuerst versuchte sie es bei einer Partnervermittlung, aber da traf sie niemanden, der ihr gefiel. Nette Männer zwar, aber niemanden, bei dem es funkte. Also nahm sie ihr Schicksal selber in die Hand. Sie meldete sich auf Dating-Plattformen an. Schaltete Kontaktanzeigen in Zeitungen. Nach der Arbeit setzte sie sich hin, nahm sich Zeit, um mit den Männern zu schreiben und zu telefonieren. Einige Männer traf sie persönlich, aber auch die passten nicht. Dann meldete sie sich bei Sandra Bugmann.

Sandra Bugmann kennt Geschichten wie die von Beatrice Keller gut. Sie führt seit 1998 eine Partnervermittlung im aargauischen Frick. Ihre Kundschaft reicht von 25 bis 85 Jahren, wobei der Grossteil zwischen 50 und 70 Jahre alt ist. Viele ihrer Klienten sind auch bereits pensioniert. «Solange man noch im Berufsleben steht, ist man oft gut beschäftigt. Im Ruhestand fehlt plötzlich etwas. Man hat dann nicht nur mehr Zeit, sondern bei vielen wächst auch der Wunsch, einen Partner oder eine Partnerin zu finden», erklärt sie.

«Zu schade für so Blödsinn»

Viele seien vorher auf Online-Datingplattformen gewesen. Und kämen dann zu ihr, weil sie sich «zu schade sind für so Blödsinn». Kürzlich klingelte Bugmanns Telefon – am anderen Ende war ein Sohn, der sich Sorgen um seinen Vater machte, der seit dem Tod seiner Frau einsam ist. Solche Anrufe sind jedoch selten. Häufig wenden sich die Suchenden direkt an sie. «Viele sind einsam, manche weinen auch. Sie sehnen sich danach, wieder glücklich zu sein und ihr Leben mit jemandem zu teilen», erzählt sie.

Auch die Zahlen auf Dating-Plattformen zeigen, dass ältere Menschen sich (wieder) verlieben wollen. Das Onlineportal Date50.ch hat 380'000 registrierte Personen. Und auf Parship, einer der bekanntesten Singlebörsen der Schweiz, ist jeder dritte angemeldete Single über 50 Jahre alt.

Reisen und Zweisamkeit

«Viele Menschen haben ihr Leben lang gearbeitet oder sich um ihre Kinder gekümmert», sagt Partnervermittlerin Bugmann. «Wenn sie dann endlich Zeit für sich selbst haben, sagen sie oft: ‹Der letzte Lebensabschnitt gehört mir, und den möchte ich nach meinen eigenen Vorstellungen gestalten.›» Vielen gehe es darum, die verbleibende Zeit sinnvoll zu verbringen – zusammen mit jemandem an der Seite. Um zusammen zu reisen, essen zu gehen oder einfach die Zweisamkeit zu erleben.

Danach sehnte sich auch Beatrice Keller. Jetzt sitzt sie an ihrem Esstisch in ihrer grossen, lichtdurchfluteten Wohnung in Zürich-Altstetten. Das Tischtuch ist rot, Kaffee und Guetsli stehen bereit. An den Wänden hängen Fotos von den vielen Reisen, die sie mit ihrem Mann unternommen hat. Auf der halben Welt waren sie zusammen: in Namibia, Argentinien, Kanada oder Australien. Keller heisst eigentlich anders. Sie möchte ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen.

So ganz genau wusste Keller nicht, wonach sie suchte, als sie sich bei Bugmann meldete. Sie habe ihr gesagt, dass sie keinen «Doktor sowieso» brauche. Einfach einen Mann, mit dem sie eine Beziehung auf Augenhöhe führen, mit dem sie diskutieren könne. Über Gott und die Welt, über Politik, über Abstimmungen. «So, wie ich es mit meinem Mann auch konnte.»

Daten im Alter

Ihren Mann lernte sie an einem Kränzchen kennen. Sie tanzten zusammen. Verliebten sich. «Wir hatten noch keinen Rucksack», sagt sie. Schliesslich waren sie jung. Sie 22, er 25. «Es hat gepasst, und fünf Jahre später haben wir geheiratet», sagt sie. «So war das damals.»

Keller findet es heutzutage viel schwieriger, neue Menschen kennenzulernen. «Im Alter geht man ja nicht mehr so oft tanzen wie früher», sagt sie. Ausserdem falle es ihr zunehmend schwerer, andere anzusprechen. «Wenn man jung ist, denkt man: Der gefällt mir, ich spreche ihn einfach an. Er ist bestimmt nicht verheiratet. Doch bei älteren Menschen geht man eher davon aus, dass sie bereits vergeben sind – dann traut man sich viel weniger, den ersten Schritt zu machen.»

Auch Partnervermittlerin Sandra Bugmann bestätigt, dass es für ihre ältere Kundschaft oft schwierig ist, eine Partnerin oder einen Partner zu finden. «Viele wissen einfach nicht, wo sie suchen sollen», sagt sie. Früher habe es mehr soziale Möglichkeiten gegeben. «Man ging tanzen oder traf sich beim Jassen. Da ergaben sich Bekanntschaften fast von selbst. Heute fehlt vielen älteren Menschen dieser soziale Umgang – und damit auch die Chance, jemanden kennenzulernen.» Doch auch jüngere Generationen seien zunehmend überfordert, wenn es um die Partnersuche gehe.

Schmetterlinge beim ersten Date

Es dauerte nicht lange, bis Bugmann Keller anrief und ihr mitteilte, dass sie jemanden für sie gefunden habe. Von diesem Moment an ging alles ganz schnell. «Kaum hatte sie ihm meine Nummer gegeben, da rief er mich schon an», erzählt Keller. Die beiden verabredeten sich sofort.

Sie trafen sich zum Mittagessen. «Ich war anfangs ganz ruhig, weil ich mittlerweile so viele Dates erlebt hatte, dass ich gar nicht mehr nervös wurde. Doch dann merkte ich plötzlich: Das könnte wirklich passen.» Erst in diesem Moment stieg die Aufregung. «Während des Treffens dachte ich mir: Für mich fühlt es sich richtig an – aber was ist mit ihm?» Sie verabschiedeten sich mit einem Kuss. Und Keller hatte das erste Mal seit langem wieder Schmetterlinge im Bauch.

Zweieinhalb Jahre ist das erste Date nun her. Sie und der Mann, den sie damals traf, sind jetzt in einer festen Beziehung. Wenn sie über ihren Partner spricht, lacht sie oft. Ein «normaler, bodenständiger Mann» sei er. Traditionsbewusst, vom Land und engagiert im Vereinsleben. Das passt für sie. «Genau das, wonach ich gesucht habe.»

Keine Heirat mehr

Heiraten kommt für Keller nicht mehr infrage – und auch zusammen wohnen will sie nicht. Ihr Zuhause ist ihr Rückzugsort, den sie nicht aufgeben möchte. «Es ist gut so, wie es ist. Ich war acht Jahre allein, aber jetzt bin ich ja nicht mehr einsam. Ich kann jederzeit zu ihm gehen, oder er kommt zu mir. Wir haben unseren Platz im Leben des anderen.»

Auch ihr Partner ist verwitwet. Das verbindet. «Unsere verstorbenen Partner gehören zu uns, sie sind immer präsent. Es ist ganz natürlich, dass sie in Gesprächen vorkommen.» Ein schlechtes Gewissen gegenüber ihrem verstorbenen Mann habe sie nicht. «Es geht nicht darum, sie zu verdrängen oder als Konkurrenz zu sehen. Sie sind ein Teil unseres Lebens», sagt Keller.

«In der Jugend ist man flexibler»

Im Vergleich zu den 33 Jahren, die sie mit ihrem verstorbenen Mann verbracht hat, wirken zweieinhalb Jahre mit ihrem neuen Partner wie eine kurze Zeit. «Es ist eine Herausforderung. Im Alter fühlt sich das alles noch intensiver an als in jungen Jahren», sagt Keller. «In der Jugend ist man oft flexibler, kompromissbereiter. Man hat noch keine Erfahrungen, keinen emotionalen Rucksack. Doch mit der Zeit und den vergangenen Beziehungen kommt automatisch ein Vergleich – auch wenn man es nicht will. Da muss man sich immer wieder bewusst machen, dass der neue Partner ein ganz anderer Mensch ist.»

Mit ihrem verstorbenen Mann war Beatrice Keller oft in Kanada. Jetzt will sie mit ihrem neuen Partner dorthin. Nach Vancouver Island. «Dort möchte ich ihm die Orcas zeigen.»

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