In der Schweiz sind bisher 6003 Fälle mit den mutierten Coronavirus-Varianten entdeckt worden. Das sind rund 45 Prozent mehr als noch vor einer Woche, teilt das Bundesamt für Gesundheit am Montag mit. 2381 Fälle werden der britischen Variante (B.1.1.7) zugeschrieben, 96 der südafrikanischen (B.1.351) und 3 der brasilianischen. Bei den übrigen 3515 Fällen ist die Linie unklar.
Um Mutationen zu finden, arbeiten die Wissenschaftler mit zweierlei Lösungen: durch Sequenzierung und durch variantenspezifische PCR-Tests. Die Sequenzierung ist dabei genauer, aber auch aufwändiger. Und wird nur an wenigen Orten in der Schweiz gemacht, wie die «NZZ» berichtet. Insgesamt gibt es 165 zertifizierte Testlabore in der Schweiz, doch für seine Corona-Prognosen erhält das Bundesamt für Gesundheit (BAG) nur Daten aus zwei Labors: von Viollier aus dem Baselbiet und vom Ostschweizer Labor Risch. Dessen Genome werden von den Unispitälern Genf und Basel sequenziert, die Proben der Viollier AG untersucht die ETH Zürich.
Wenig Daten, aufwändige Suche
Bei der Sequenzierung werden Viren auf ihre genetischen Charakterisierungen untersucht. Die Labors wählen im Zufallsprinzip positive Tests aus und finden heraus, zu welchem Virenstamm – beispielsweise der britischen Variante B117 – diese gehören. Anschliessend werden Hochrechnungen für die ganze Schweiz gemacht. Je mehr Daten vorliegen, desto genauer sind diese Prognosen. Dabei hat die Schweiz noch Nachholbedarf, wie Experten seit Monaten sagen.
Hierzulande werden ungefähr ein Prozent aller Sars-CoV-Proben sequenziert. In Grossbritannien sind es rund fünf, in Dänemark gar 12 Prozent. Immerhin: Es geht aufwärts. Insgesamt werden laut BAG nun wöchentlich etwa 1000 bis 1500 Proben genomisch charakterisiert, berichtet die «NZZ». Vor dem Ausbruch der Mutationen waren es deutlich weniger.
Doch die Sequenzierungen haben Mängel. So vergehen teilweise 14 Tage, bis Ergebnisse vorliegen. Entsprechend wird jeweils nur der Mutantenanteil von vor zwei Wochen abgebildet. Ein grosser – und kostspieliger – Aufwand: Eine Umfrage des Onlineportals Nau in den grossen Kantonen ergab, dass nur vereinzelt und auf Anordnung des Kantonsarztes sequenziert wird. Eine Ausnahme ist der Kanton Basel-Stadt: Dieser hat mit seinem Unispital und den Labors einen Deal, dass sämtliche gefundenen mutierten Viren auch noch sequenziert werden.
Schweiz könnte Weltspitze sein
Besser für eine gross angelegte Suche nach den Mutationen eignen sich sogenannte variantenspezifische PCR-Tests. Dabei veranlassen Ärzte nach einem positiven Corona-Fund eine genauere Untersuchung des Tests, um die Virusvariante zu bestimmen. Diese Tests sind ressourcenschonender, schneller und werden bereits deutlich öfter eingesetzt. Zwar haben sie den Nachteil, dass keine unbekannten Mutanten entdeckt werden können. Doch im Finden der britischen, südafrikanischen und brasilianischen Varianten sind sie überlegen. Das BAG hat laut «NZZ» zum Ziel, 75 Prozent aller positiven PCR-Tests auf diese Weise zu prüfen. Bisher sind es rund 60 Prozent. Die Schweiz wäre dann in diesem Bereich Weltspitze. Dafür müssen allerdings Kantone und Bund noch Hausaufgaben erledigen.
Die Kantone, weil sie bei positiven Proben mit der speziellen PCR-Methode auf die N501Y-Mutation testen und es dem BAG melden müssen. Das wird bereits gemacht, es gibt aber noch Luft nach oben.
Der Bund muss über die Bücher, weil die Öffentlichkeit die Resultate dieser Tests erfahren will. Zwar werden sie bereits publiziert, sie sind aber nicht wirklich aussagekräftig, wie das BAG selber zugibt. Grund seien starke Unterschätzungen in Kantonen, in denen nur wenig oder kein Material sequenziert worden sei. Doch Besserung soll jetzt eintreten: Wie die «NZZ» berichtet, hat sich das BAG vorgenommen, ab dieser Woche variantenspezifische PCR-Testresultate täglich zu veröffentlichen. (vof)