Der Krieg in der Ukraine hat die Wissenschaft erreicht. Das renommierte amerikanische Institute of Technology (MIT) kappte vor einem Monat seine Beziehungen zu einer der wichtigsten russischen Forschungsstätten im Hightech-Bereich. Kurz darauf kündigte die Europäische Union an, dass keine ihrer Forschungsgelder mehr nach Russland fliessen sollten. Seither schliessen immer mehr Länder Russland aus dem wissenschaftlichen Betrieb aus.
Recherchen von Blick zeigen, dass auch Schweizer Unis Konsequenzen ziehen – und den Studentenaustausch mit russischen Hochschulen unterbrechen. Zu ihnen gehören die ETH Zürich sowie die Universitäten Bern, Zürich, St. Gallen und Freiburg. Letztere hatte den Schritt schon vor zwei Wochen bekannt gegeben, wie SRF berichtete.
Damit folgen sie dem Rat von Swissuniversities, der Rektorenkonferenz der Schweizerischen Hochschulen, die empfahl, die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Russland in den Bereichen zu sistieren, in denen die Gefahr bestehe, die russische Regierung zu unterstützen.
Abkommen mit staatstreuen russischen Unis
Der ETH Zürich fiel der Entscheid schwer. «Die aktuelle Situation ist nicht einfach. Wir sind eine sehr internationale Hochschule, an der niemand nach dem Pass fragt», heisst es bei der Medienstelle. Die ETH hat eine Vereinbarung mit der Staatlichen Technologischen Universität in Moskau (Stankin). Brisant: Die Stankin gehört zu den zahlreichen russischen Unis, die eine Erklärung unterzeichneten, in der sie den Krieg in der Ukraine unterstützen.
Deshalb sistiert die ETH die Zusammenarbeit, zu der neben wissenschaftlichem Austausch auch gemeinsame Konferenzen gehören. Die Medienstelle betont, der ETH sei es wichtig, dass nicht einzelne Personen unverschuldet in Mitleidenschaft gezogen werden. Zwei Stankin-Absolventen, die für ihr Weiterstudium an der ETH sind, sowie auch alle anderen 180 russischen ETH-Mitarbeiter, Studenten und Doktoranden können die Arbeit oder das Studium normal weiterführen.
Ähnlich gehen weitere Hochschulen vor: Die Unis in Freiburg, Bern, St.Gallen und Zürich unterbrechen ihre Programme für den Studentenaustausch mit russischen Unis, darunter mehrheitlich solche, die die Erklärung zur Kriegsunterstützung ebenfalls unterzeichneten. «Diese Abkommen könnten für Propagandazwecke missbraucht werden, und man würde so letztlich den Krieg von Russland unterstützen», schreibt Marius Widmer, Sprecher der Uni Freiburg, die ihre Abkommen per sofort sistiert. Die Uni Basel entscheidet nächste Woche über die Austauschprogramme.
Uni Zürich überlässt Mitarbeitern die Wahl
Doch noch ist nicht der gesamte wissenschaftliche Bereich von den Massnahmen betroffen. Es gibt noch Schweizer Forscher, die mit Kollegen in Russland zusammenarbeiten. Die Uni Zürich will es den einzelnen Mitarbeitern in Forschungsprojekten überlassen, ob dies so bleibt.
Die Uni Basel, die in vier Projekten mit russischen Forschern kooperiert, schreibt auf Anfrage, sie sehe derzeit keinen Anlass, die Form dieser akademischen Zusammenarbeit zu ändern. Die Uni Bern dagegen überprüft aktuell ihre wissenschaftlichen Projekte mit russischen Forschern.
Die Schweizer Universitäten betonen unisono, die wissenschaftlichen Beziehungen, für die oft lange Aufbauarbeit geleistet wurde, nicht zerstören zu wollen. Sie möchten unabhängige russische Forscher unterstützen, die kritisch sind und sich gegen den Krieg aussprechen. Für die meisten Studenten dürfte sich durch den Abbruch der Abkommen wenig ändern:
Ein Studentenaustausch in Russland ist wegen der verhängten Flugverbotszonen zurzeit sowieso schwierig zu organisieren.