Ein Mann hat ein Problem mit einer leicht jüngeren Chefin. Eine Chefin hat ein Problem mit einem starken Mann. Wer sich im Umfeld des Schweizerischen Roten Kreuzes umhört, bekommt zurzeit die abstrusesten Dinge zu hören.
Das Schweizerische Rote Kreuz besteht aus 24 Kantonalverbänden und weiteren Organisationen. Dass unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen, ist normal. Dass der Schweizer Föderalismus anstrengend sein kann, ist bekannt. Dass ein Direktor nicht einfach bis zur Pensionierung Direktor bleiben kann, ebenso. Nicht normal ist jedoch die Art und Weise der aktuellen Auseinandersetzung. Dazu gehört der Knall vor Weihnachten ebenso wie die Konflikte danach. Ausgerechnet das Rote Kreuz, das bei internationalen Krisen als Vermittler auftritt, kann intern seine Konflikte nicht selbst lösen. Warum gab es keine gesichtswahrende Lösung – kurz und schmerzlos für alle Seiten? Ausgerechnet das Rote Kreuz, das sich den Schwächsten der Schwächsten verpflichtet, verschwendet Energie mit Machtkämpfen.
Die aktuelle Krise kann nur dann zur Chance werden, wenn reiner Tisch gemacht wird. Dazu gehört auch die Frage, was mit «eklatanten Mängeln in der Corporate Governance» gemeint ist, was «in mehreren unabhängigen Berichten festgehalten» sein soll. Die Berichte sind unter Verschluss, die Vorwürfe unklar. Je länger Konflikte unter der Oberfläche brodeln, desto mehr Verlierer gibt es am Ende. Alles muss auf den Tisch – jetzt. Nur so wird ein glaubwürdiger Neuanfang möglich.