Ressentiments gegen Shaqiri und Co.
«Die Nati steht symbolisch für alle Secondos»

Vor ihrer historischen Leistung gegen Frankreich an dieser EM stand die Nationalmannschaft einmal mehr in der Kritik. Manche der Vorwürfe sind sinnbildlich für den Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund in der Schweiz.
Publiziert: 04.07.2021 um 19:36 Uhr
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Aktualisiert: 05.07.2021 um 09:45 Uhr
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Die ewige Diskussion um die Nationalhymne. Die ihnen oft unterstellte vermeintlich fehlende Identifikation mit dem eigenen Land ...
Foto: TOTO MARTI
Dana Liechti

Die ewige Diskussion um die Nationalhymne. Die ihnen oft unterstellte vermeintlich fehlende Identifikation und Loyalität mit dem eigenen Land. Das immer wieder und häufig gar wider besseren Wissens falsche Aussprechen von Namen wie jenem von Xherdan Shaqiri – selbst von Fussballexperten. Die Schweizer Nationalspieler müssen einiges über sich ergehen lassen, besonders jene mit Migrationshintergrund.

Von Rassismus wollte Mittelfeldspieler Shaqiri kürzlich im SonntagsBlick zwar nicht reden. Rassismus gegen die eigenen Nati-Spieler tönt erst mal ja auch absurd. Und doch sei er hierzulande Realität, sagen Gabriela (22) und Grëj (30), Mitglieder von «Vo da», einem Kollektiv, das sich mit Diskriminierung und Rassismus in der Schweiz befasst. «Die sogenannte Kritik, die jeweils an bestimmte Spieler der Nationalmannschaft gerichtet wird, beinhaltet leider nicht selten ein rassistisches Narrativ, da nicht einfach ihre Leistung kritisiert wird, sondern ein vermeintlicher Zusammenhang ebendieser mit ihrer Herkunft, Migrationsgeschichte, Doppelbürgerschaft oder anderen Merkmalen konstruiert wird.»

Zudem seien die Erwartungen, die an die Spieler mit Migrationshintergrund gestellt würden, gefühlt andere und grösser als bei ihren Mannschaftskollegen, sagt Gabriela. «Und egal, was sie tun, stets wird an ihnen rumgenörgelt – zum Beispiel an ihrem Schweigen während der Hymne, obwohl das überhaupt nichts Aussergewöhnliches ist in der Geschichte der Nationalmannschaft», fügt Grëj an.

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Immer auf die Herkunft reduziert

Die Diskriminierung hört aber ausserhalb des Spielfelds nicht auf. Der Umgang mit Spielern wie Xhaka oder Trainer Petkovic sei sinnbildlich für die Lebensrealität vieler Secondos und Secondas und den Rassismus hierzulande, sagen Gabriela und Grëj, die beide kosovarische Wurzeln haben. «Man kann für ein Land so viel leisten und versuchen, Gutes zu tun für die Gesellschaft – trotzdem wird man am Ende des Tages immer auf seine Herkunft reduziert.» Das sei für Betroffene sehr schmerzvoll.

Das bestätigt auch der Verein Diversum, ein Zusammenschluss von Menschen, die Rassismus-Erfahrungen machen. Solche Sprüche und Vorurteile seien Symptome eines Systems, in dem Rassismus tief verankert sei. Dagegen kämpfen die beiden Kollektive an. «Wir möchten, dass es aufhört, dass man so fremd gemacht wird im eigenen Land und dass es überhaupt eine Rolle spielt, ob man Migrationshintergrund hat», so der Verein Diversum. Die Schweiz müsse sich endlich damit auseinandersetzen, wie vielfältig Land und Nationalmannschaft sind – nicht erst seit gestern.

«Die Nati steht für uns symbolisch für jeden Secondo und jede Seconda, die versuchen, in der Schweiz etwas aufzubauen», sagen Gabriela und Grëj von «Vo da». «Man startet ein Stück weiter hinten – wie die Schweiz im Spiel gegen Frankreich mit null zu drei – und muss drei-, viermal so viel leisten, um am Ende erfolgreich zu sein.»

In ihrem Kampf für mehr Akzeptanz nehmen sie sich denn auch ein Beispiel an den Nati-Stars: «Sie haben es all jenen gezeigt, die ihnen diesen Erfolg nicht zugetraut haben, und Historisches erreicht. Nichts ist unmöglich, und genauso wie es unsere Jungs geschafft haben, werden wir alle es auch schaffen!»

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