«Ich hoffe, dass wir dieses Problem in den Griff bekommen»
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«Wir müssen handeln»:«Ich hoffe, dass wir das Problem in den Griff bekommen«

Pierluigi Calanca erforscht den Einfluss des Klimawandels auf die Landwirtschaft
«Vor allem die Zunahme der Extrem-Ereignisse ist eine Bedrohung»

Agroscope-Forscher Pierluigi Calanca (58) sucht mit seinem Team neue Wege für die Schweizer Bauern, damit sie trotz Klimawandel weiterhin gute Ernten einfahren können. Er sagt: «Vor einer Hungersnot stehen wir nicht, aber wir müssen den Klimawandel stoppen.»
Publiziert: 08.10.2021 um 01:09 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2021 um 15:08 Uhr
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Pierluigi Calanca (58), stellvertretender Gruppenleiter der Forschungsgruppe Klima und Landwirtschaft bei Agroscope in Zürich, auf einem simulierten trockenen Feld. Dürre und Hitze gehören zu den Hauptfolgen des Klimawandels.
Foto: Siggi Bucher
Beat Michel

Die extremen Wetterkapriolen im laufenden Jahr machen Angst. Im Frühjahr wechselten sich Frost, Trockenheit, Hagel und Starkregen ab. Rüebli, Tomaten, Weizen, Kartoffeln, Aprikosen und Äpfel – gute Ernten sind 2021 selten. Für viele Bäuerinnen und Bauern ist es ein Jahr zum Vergessen.

Doch laut dem neuen Klimabericht der Uno fördert der Klimawandel solche Katastrophenjahre. «Mit den langsam steigenden Temperaturen können wir umgehen. Aber auf die krassen Unwetter können wir schlecht reagieren. Sie machen mir grosse Sorgen», sagt Pierluigi Calanca (58), stellvertretender Leiter der Gruppe Klima und Landwirtschaft bei Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung. «Vor allem die Zunahme der Extrem-Ereignisse ist eine Bedrohung.»

Seit 20 Jahren forscht der Geograf und Klimatologe an der Forschungsanstalt in Zürich-Reckenholz. Der Tessiner befasst sich täglich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die verschiedenen Kulturen der Landwirtschaft. Agroscope sucht unter anderem nach neuen Pflanzensorten, die mit dem Klima der Zukunft besser zurechtkommen. «Bis 2050 wird die weltweite Durchschnittstemperatur sehr wahrscheinlich um ein weiteres Grad ansteigen. In der Schweiz erwarten wir doppelt so viel», sagt Pierluigi Calanca. Die neuen Sorten sollten vor allem hitze- und dürreresistenter sein.

Neue Sorten aus dem Süden und Osten

«Wir gehen in Regionen, die schon heute das Klima der Schweiz in 30 Jahren haben. Wir holen in Südfrankreich, dem Balkan und der Ukraine Getreide und prüfen es für die Schweiz», sagt der Experte. Auch alte Sorten werden wieder interessant.

Ein weiteres vielversprechendes Projekt von Agroscope ist der Reisanbau im Mittelland. Bei vielen Feldern, die in den 60er-Jahren durch Drainage trockengelegt wurden, sinkt der Boden ab und CO₂ tritt aus. «Das könnte man stoppen, indem man das Wasser wieder zurückführt und Nassreis anbaut», so Calanca. Agroscope forscht in Reckenholz, wie man die Methan-Emissionen der gefluteten Felder möglichst tiefhalten kann und welche Anbaumethoden hierzulande besonders ertragreich sind.

CO₂-Emissionen müssen drastisch sinken

Die Auswirkungen des Klimawandels sind sogar in der kleinen Schweiz sehr unterschiedlich. In der Westschweiz und im Zürcher Unterland bis Schaffhausen sind die Bauern bereits von einer zunehmenden Trockenheit betroffen und müssen vermehrt bewässern. Gleichzeitig haben Alpenwiesen durch den Temperaturanstieg gewisse Vorteile. Hier regnet es sogar etwas mehr und die Vegetationszeit verlängert sich. Gleichzeitig nimmt durch die Starkregen aber die Bodenerosion zu.

«Wie lange die Versorgungssicherheit der Schweiz gesichert ist, hängt stark von der weiteren Entwicklung beim CO₂-Ausstoss ab», sagt Pierluigi Calanca. «Wenn wir es bis Mitte des Jahrhunderts schaffen, die Netto-Emissionen auf null zu senken, können wir mit Technik und neuen Sorten dem Klimawandel entgegenwirken. Falls nicht, werden die Temperaturen bis Ende Jahrhundert um weitere zwei bis vier Grad steigen. Dann wird es mehr als nur kritisch.»

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