Im Jahr 2020 kommt ein Mann namens Artur Gitta (33) mit seiner Freundin (26) in die Schweiz. Die beiden schwimmen im Luxus, bleiben rund einen Monat im Zürcher Luxushotel Dolder, dann zwei Wochen im Fünf-Sterne-Hotel Baur au Lac. Schliesslich suchen sich die beiden eine Villa am Zürichsee, wie das «St. Galler Tagblatt» berichtet.
Doch Artur Gitta ist Fake. Hinter dem Pseudonym versteckt sich der belgische Kokainkönig Flor Bressers (37), dessen Drogenkartell viel Rauschgift in Europa geschmuggelt haben soll. 20 Monate lang wohnte er in Zürich, bevor er im Februar 2022 verhaftet wurde. Doch wie hatte der Verbrecher überhaupt in der Schweiz eine neue Identität inklusive B-Aufenthaltsbewilligung erhalten können?
Sie wusste um seine wahre Identität Bescheid
Möglich gemacht hatten es unter anderem eine gerissene Treuhänderin (36) aus dem Kanton Thurgau zusammen mit ihrer Arbeitspartnerin (34). Ermittlungen zeigen, dass ab Ende August 2020 der belgische Kokainkönig mit seiner gefälschten Identität zum Kunden- und Mitarbeiterkreis der Treuhänderin zählte — und sie von seiner wahren Persönlichkeit wusste.
Die Staatsanwaltschaft wirft der Treuhänderin vor, für «Gitta» und seine Freundin einen Wohnsitz am Zürichsee beschafft und dem Schwerverbrecher zum Schein einen Arbeitsvertrag in ihrer Treuhandfirma gegeben zu haben, womit er auch einfach an eine B-Aufenthaltsbewilligung beim Migrationsamt Thurgau kommen konnte. «Die Idee war, unseren Kundenstamm über sein Netzwerk zu erweitern. Er wollte Neukunden bringen», so die Treuhänderin zur Staatsanwaltschaft, wie das «St. Galler Tagblatt» schreibt.
Bis zu 51'000 Franken Eigengewinn
Ausserdem soll die Treuhänderin dafür gesorgt haben, dass er nie selber und auch nie mit seinen echten Personalien vor den Behörden auftreten musste. «Mit ihrem Verhalten und ihren Tätigkeiten erweckte die Beschuldigte den Anschein, dass es sich bei ‹Artur Gitta› (Flor Bressers) um einen rechtschaffenen Bürger handelte», so lautet es in der Anklageschrift.
Der schwerste Vorwurf besteht darin, dass die Treuhänderin für ihn Geld gewaschen haben soll. Das aus dem Kokainhandel stammende Geld investierte sie in der Schweiz. Ihr direkter Gewinn betrug dabei 51'000 Franken. Sie und ihre Geschäftspartnerin erhielten laut Anklageschrift 2020 rund 320'000 Franken von «Gitta» und seinen Männern.
Da die Treuhänderin geständig ist, wurde sie zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und einer bedingten Geldstrafe von 9900 Franken verurteilt. Ausserdem muss sie 120'000 Franken für mutmassliche Drogengelder an den Staat bezahlen.
Ihre ebenfalls geständige Arbeitspartnerin wird zu einer bedingten Geldstrafe von 16'200 Franken und einer Geldbusse von 3900 Franken verurteilt. Zudem muss sie 80'000 Franken aus mutmasslichen kriminellen Geschäften an den Staat zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Drogenkönig wartet in Belgien auf seinen Prozess. (mgf)