Es wird kräftig geblitzt und kontrolliert im Kanton Thurgau. Wer trotzdem auf Gas drücken möchte, muss nur auf Facebook sein. Denn dort gibt es eine Gruppe, die sich darauf spezialisiert hat, Blitzer und Polizei-Kontrollen zu melden. «Polizei-Kontrolle Kreuzlingen-Bottighofen nach der Coop-Tankstelle, charmante Polizistin», lautet ein Post vom Freitag. Oder «Blitzer Hüttlingen gegenüber Kuratle 50er-Zone».
Regelmässig werden Lenker durch die Facebook-Gruppe gewarnt. Die Infos über die Kontrollen und Blitzer bekommen die Betreiber durch die Nutzer selbst. Sie schicken Nachrichten und Bilder. Und das nicht zu knapp. Kein Wunder: Die Gruppe hat über 27'000 Follower. Um die Warnungen zu sehen, muss man aber nicht Teil der Gruppe sein. Heisst: Jeder kann die Beiträge sehen.
Der «Service» kommt gut an. «Schnell aktualisiert, jeder noch so versteckte Blitzer wird (durch sehr aufmerksame User) entlarvt», schreibt jemand in seiner Bewertung. In einer anderen Bewertung heisst es: «Besti siete».
«Wer so einen Post weiterverbreitet, kann ebenfalls belangt werden»
Eigentlich dürfte die Gruppe gar nicht existieren. «Das Warnen vor Geschwindigkeitskontrollen ist in der Schweiz verboten, auch wenn dies auf Internetplattformen publik gemacht wird», sagt Matthias Graf von der Kantonspolizei Thurgau zum «St. Galler Tagblatt». Wer sich strafbar macht, riskiert eine Busse. Die Kantonspolizei Thurgau kennt die Seite, kann aber nur schwer dagegen vorgehen. Der Grund: Die Betreiber sitzen im Ausland. Konkret in Hamburg, Deutschland.
Allerdings machen sich nicht nur die Betreiber der Seite, sondern auch die Follower strafbar. «Wer so einen Post weiterverbreitet, kann ebenfalls belangt werden. Zwar erwarte ich in so einem Fall, dass das als Übertretung lediglich gebüsst wird. Aber es ist nichtsdestotrotz ein Straftatbestand», erklärt Rechtsanwalt Matthias Hotz gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Weniger klar sei es, wenn jemand bei einem Beitrag den «Gefällt mir»-Knopf drückt oder einen Beitrag kommentiert. Im Graubereich bewege man sich in jedem Fall.
Andere Kantone haben das Problem nicht
Um gegen die Gruppe vorzugehen, könnte die Polizei versuchen, bei Meta, der Firma hinter Facebook, zu verlangen, die Seite zu sperren oder zu löschen. Ob das Erfolg haben wird, sei aber fraglich. Schliesslich existiert die Seite schon seit 2016. Gegen die Facebook-Regeln verstösst sie also nicht.
Mit anderen Kantonspolizeien kurzschliessen, scheint auch wenig vielversprechend. Denn: Andere Kantone haben das Problem nicht. Nur der Thurgau hat eine solche Facebook-Gruppe mit dieser Reichweite. Das heisst: Es wird weiter dort fleissig gewarnt – trotz Verbot. (jmh)