«Tausend Franken zum Spielen ist zu viel»
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Streit um Kinderspielplatz:«Tausend Franken zum Spielen ist zu viel»

1,8 Mio-Franken-Spielplatz in Romanshorn TG schliesst an Samstagen Kinder aus – wegen Hochzeiten
«Dieser Ort muss zugänglich und bezahlbar sein»

Ein Kinderspielplatz in Romanshorn TG wollte an mindestens drei Samstagen im Hochsommer ausgerechnet ihr wichtigstes Klientel nicht reinlassen: Kinder. Die Reaktionen im Internet und in der Gemeinde gehen hoch.
Publiziert: 30.07.2024 um 00:43 Uhr
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Aktualisiert: 30.07.2024 um 12:15 Uhr
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Jörg Bruckner (51) kritisiert den Abenteuerspielplatz «Robins Horn» in Romanshorn TG.
Foto: Sandro Zulian
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Sandro ZulianReporter News

Ein irritierter Romanshorner postet am Wochenende ein Foto einer Infotafel in die Facebook-Gruppe «Du bisch vo Romanshorn, wenn». Auf der Infotafel steht: «Der Spielplatz ist aufgrund einer geschlossenen Gesellschaft (Hochzeit) an folgenden Terminen den ganzen Tag geschlossen.» Dann folgt ein Datum Ende Juli und zwei Ende August. 

Beim Spielplatz handelt es sich um den Abenteuerspielplatz «Robins Horn» mitten im Romanshorner Hafen, gebaut von der Schweizerischen Bodenseeschifffahrt SBS für 1,8 Millionen Franken. Eröffnet wurde er vor gut einem Monat.

Keine Ruhe nach Jahren der Kritik

In den sozialen Medien überschlagen sich daraufhin die Kommentare. «Ach so! Dafür hat man also den Spielplatz nun gebaut: für die Erwachsenen!», kommentiert eine Nutzerin hämisch. «Familien reisen extra an und stehen dann vor verschlossener Tür!», schreibt eine andere.

Der Grund für den Aufschrei: Die Entstehung des Spielplatzes wurde seit Bekanntwerden der Pläne von lauter Kritik und zahlreichen Einsprachen begleitet. Erst ein Bundesgerichtsentschluss brachte Klarheit.

Denn das Grundstück gehört nicht der SBS, sondern der Öffentlichkeit. Genauer gesagt: dem Kanton. Die Bodenseeschifffahrt bezahlt für die Nutzung eine Konzessionsgebühr, hat es langjährig gepachtet. In der Konzession ist festgehalten, dass die 5000 Quadratmeter öffentlich zugänglich bleiben müssen. Das Gelände für private Feste zu schliessen, liegt also nicht drin.

Es war ein Fehler, sagt der CEO

Blick fragt bei der SBS nach und trifft CEO Benno Gmür (62) vor Ort. Angesprochen auf das Thema winkt er ab: «Diese Hochzeiten wurden vor zwei Jahren gebucht. Damals gab es diesen Spielplatz noch gar nicht.»

Das Plakat sei vermutlich etwa sechs Stunden lang dort gehangen und wurde dann entfernt. Blick will wissen, warum es überhaupt hing. «Wenn wir uns mit diesen Hochzeitspaaren nicht hätten einigen können, hätten wir diese Verpflichtung wahrnehmen müssen», sagt Gmür. Sprich: Der Spielplatz wäre zwei Samstage lang niemandem sonst zur Verfügung gestanden.

«Wir haben diese Hochzeitspaare erst jetzt, kurz vor dem Anlass, kennengelernt und damit hat es sich», sagt Gmür leicht angesäuert. Ihn stört mehr, dass jemand überhaupt ein Foto davon gemacht hatte: «Diese Person, dieser ‹XY› schaut uns mit dem Fernglas zu. Er will uns einfach böse.»

Unbequemer Stadtratskandidat wagt sich in die Medien

«XY» hat einen Namen: Jörg Bruckner (51), parteiloser Stadtratskandidat. Der Hochschuldozent und Strategieberater wohnt direkt neben «Robins Horn». Im Interview mit Blick sagt er: «Ich wollte nur nicht, dass dann jemand von weiter weg hier anreist und dann merkt, dass der Spielplatz an einem Samstag zu ist!»

Ein weiterer Dorn im Auge: Der Spielplatz kostet. Fünf Franken pro Person. Für den Eintrittspreis gibt es Gutscheine in der Höhe von fünf Franken, die man wiederum auf den Schiffen und in den Restaurants der SBS einlösen kann. «Eigentlich ist das ein Wertgutschein», sagt SBS-CEO Gmür. Eigentlich ist das nicht mehr öffentlich zugänglich, sagen die Kritiker.

Fehlendes Konzept und stinkende Mulden am Badestrand

Für Chef-Kritiker Bruckner ist es nichts anderes als eine Diskriminierung von weniger gut Gestellten: «Dieser Ort muss zugänglich und bezahlbar sein. Kommt eine Familie zweimal die Woche hierher, kostet sie das eintausend Franken im Jahr!»

Schon öfter habe er Grosis oder Eltern, die den Fünfliber nicht lockermachen wollten, ausserhalb des Geländes warten gesehen. «Aber dort hat man jetzt alle Sitzgelegenheiten entfernt. Warum, weiss niemand.» Beim Kinderspielplatz sei überdies kein richtiges Konzept erkennbar. «Es beginnt damit, dass die Wiese komplett eingezäunt ist, eine nicht sehr wohlriechende Mulde direkt neben dem Badestrand steht und es für Romanshorner kein bezahlbares Angebot gibt.» 

Diesen Kritikpunkt sieht auch SBS-CEO Gmür ein: «Wir arbeiten bereits an einer Jahres-Abo-Lösung für Familien.»

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