Thomas Hotz (57) störte mit seinem Steh-Protest den Gottesdienst
Ex-Pastoralassistent muss in den Knast!

Eskalation im Dauerstreit zwischen der katholischen Kirche in St. Gallen und einem ehemaligen Angestellten. Um den Bischof an den Verhandlungstisch zu bringen, führte Thomas Hotz Stehproteste durch. Immer und immer wieder. Jetzt muss er ins Gefängnis.
Publiziert: 24.12.2021 um 10:56 Uhr
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Sechs Wochen Gefängnis: Thomas Hotz (57) führte in St. Galler Kirchen während Jahren Stehproteste durch.
Foto: Marco Latzer
Marco Latzer

Es ist eine aussergewöhnliche Strafe für einen aussergewöhnlichen Protest: Die Staatsanwaltschaft St. Gallen verurteilt den Ex-Pastoralassistenten Thomas Hotz (57) zu sechs Wochen Gefängnis! «Das ist ein Ausdruck der Absurdität dieser Eskalation», kommentiert der Verurteilte den Entscheid.

«Ich werde Einsprache erheben und dann auf den Rechtsstaat vertrauen», sagt Hotz. Die Gefängnisstrafe ist lediglich das jüngste Kapitel in einer schon Jahre andauernden Auseinandersetzung zwischen dem Seelsorger und der katholischen Kirche des Kantons St. Gallen.

Es geht um eine Entlassung vor sieben Jahren

Im Frühjahr 2014 wird Thomas Hotz als Pastoralassistent von Eggersriet-Grub abgesetzt, aufgrund «vager Behauptungen» und angeblicher «Kontaktschwäche», wie er selbst beteuert. Als Konsequenz daraus entzieht ihm Bischof Markus Büchel (72) die Ermächtigung zur Dienstausübung in der katholischen Kirche, die sogenannte Missio. Seither kann Hotz deswegen nicht mehr in seinem Beruf arbeiten.

Um die Kirchenverantwortlichen zu einem Dialog mit ihm zu bewegen, startete Hotz darauf seinen Stehprotest. In 150 Gottesdiensten erhebt er sich während der Predigten des Pfarrers – und harrt schweigend aus. Teilweise verdeckt der Ex-Pastoralassistent dabei auch das Sichtfeld zwischen Pfarrer und Gläubigen (Blick berichtete). Für diese Aktionen verurteilt ihn das St. Galler Kantonsgericht im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen.

Staatsanwaltschaft verhängt Haft wegen schlechter Bezahl-Aussichten

Weil er nach dem Schuldspruch im August und im November zwei weitere Aktionen durchführte, soll Hotz nun ins Gefängnis. «Geldstrafen scheinen keine Wirkung zu zeigen und können aufgrund der pekuniären Verhältnisse des Beschuldigten voraussichtlich auch nicht vollzogen werden», begründet die Staatsanwaltschaft St. Gallen die Haftstrafe.

Hotz beruft sich dagegen auf einen «übergesetzlichen Notstand». Er kämpfe für sich und seine Glaubwürdigkeit. «Alles, was ich will, sind Dialog und Aufarbeitung. Das betrifft mich persönlich, aber auch alle anderen Fälle innerhalb der Kirche, wo aufgrund fragwürdiger Personalentscheide grosses Leid verursacht wurde», sagt Hotz.

Der Rechtsvertreter der katholischen Kirche im Kanton St. Gallen war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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