Stromzoff im Toggenburg: Die Gemeinde Bütschwil-Ganterschwil SG will die Bürger zur Kasse bitten und eine Energieabgabe einführen. Strom und Erdgas sollen neu mit 0,3 Rappen pro Kilowattstunde besteuert werden. Das sorgt bei vielen Bewohnerinnen und Bewohnern für Unmut. Christian Vogel (26), Vorstandsmitglied der lokalen SVP, sammelte deswegen erfolgreich Unterschriften für ein Referendum.
Am Sonntag kommt es zur Abstimmung. Befürworter der Energiesteuer ist der Gemeinderat selbst. «Inskünftig sollen verursachergerechte Beiträge erhoben und ein Anreiz zum Stromsparen geschaffen werden», sagte Gemeindepräsident Karl Brändle zu Lokalmedien.
Im Vorfeld der Abstimmung rührte die Gemeinde die Werbetrommel für sachten Umgang mit Energie. Heizung runter, Licht aus. So die Energiespartipps im Mitteilungsblatt der Gemeinde vom 3. November.
Wer aber weiterblättert, sieht, dass die Toggenburger Gemeinde nicht nur Energie sparen will, sondern auch grosse Baupläne hegt. Vier digitale Ortseingangstafeln sollen installiert werden. Riesenbildschirme, die Strom fressen und Geld kosten. Das Baugesuchsverfahren läuft.
«Vorhaben muss verschoben und neu beurteilt werden»
Einer, der für die Tafeln kein Verständnis hat, ist der Ganterschwiler Bauer Thomas Wäspe (34). Der ehemalige SVP-Gemeinderat sagt zu Blick: «Der Aufruf zum Energiesparen und die Baugesuche für digitale Tafeln sind in meinen Augen ein krasser Widerspruch.» Er kündigt deshalb an: «Am Montag werde ich mit vier anderen Bürgern eine Petition gegen diese Stromfresser-Tafeln einreichen.» Das Ziel: «Das Vorhaben muss verschoben und neu beurteilt werden. Ich kann nicht nachvollziehen, warum der Gemeinderat jetzt in der Energiekrise diese Dinger installieren will.»
Wie viel Strom die Tafeln wirklich verbrauchen werden, zeigt eine Schätzung der Historika AG aus Oberuzwil SG. Die Firma liefert der Gemeinde die Grossbildschirme für die Tafeln. Ein Bildschirm verbraucht demnach 350 bis 1051 Watt – je nachdem, ob er im Standby-Modus ist oder die volle Leistung angezapft wird.
Ein Mitarbeiter der Gemeinde rechnete für Blick aus: 16 Stunden sollen die Bildschirme flimmern, von 6 Uhr morgens bis abends um 22 Uhr. Im Jahr resultieren für alle vier Tafeln bis zu 25'000 Kilowattstunden. Fazit: Die vier Tafeln werden im maximalen Verbrauchsmodus so viel Strom fressen wie fünf Einfamilienhaus-Haushalte mit je drei oder mehr Personen!
Gemeindepräsident Brändle entgegnet auf Blick-Anfrage, man könne immer Vergleiche anstellen, und jeder Vergleich hinke. «Schätzungen zufolge fallen beispielsweise pro Handynutzer und Jahr circa 50 Kilowattstunden Strom an. Der Verbrauch der digitalen Ortstafeln entspricht in etwa nur dem Verbrauch von 500 Handys pro Jahr.» Niemand würde jedoch den Verzicht auf Handys fordern, so Brändle. Und: «Aus unserer Sicht sind die Geräte bezogen auf die jährliche Leistung und den Mehrwert der schnellen und digitalen Informationsvermittlung keine Stromfresser.»
Budgetposten von 150'000 Franken bewilligt
Der Gemeindepräsident nennt Beispiele, womit die Bürgerinnen und Bürger dank dieser Tafeln bedient werden können: «Mit Informationen zu Veranstaltungen oder aktuellen Ereignissen wie Schulanfänge, Strassensperrungen, Bürgerversammlungen.» Er stellt klar: «Solche Tafeln sind landauf, landab schon in vielen Gemeinden installiert und entsprechen dem Zeitgeist.» Denn: «Die Zukunft heisst Digitalisierung. Da können wir uns auch als Gemeinde nicht verschliessen.»
Auch Bauer Wäspe ist kein Feind der Digitalisierung. Aber: «Sie macht nur dort Sinn, wo der Nutzen grösser ist als die Kosten.» Er erklärt: «Für die vier Tafeln wurde ein Budgetposten von 150'000 Franken bewilligt.» Brändle sagt dazu, die Bürgerversammlung habe diesem Kredit zugestimmt.
Aber der Gemeindepräsident räumt ein, dass die «Zeit für solche Projekte ungünstig ist». Er erklärt: «Als wir uns jedoch mit dem Thema beschäftigt haben, konnte niemand wissen, was in diesem Jahr auf uns zukommt.»
Bauer Wäspe weiss hingegen sehr wohl, was auf ihn zukommt: «Stromfressende, unnötige Tafeln, die in Widerspruch zum Energiesparkurs der Gemeinde stehen.»
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