«Das war ein ganz normaler routinierter Ablauf», erklärte ein Pfleger (45) diese Woche vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen, wie das «St. Galler Tagblatt» berichtet. Doch die Vorwürfe klingen alles andere als normal. Der Mann soll eine Seniorin (89) geschändet haben. Konkret geht es um den Vorfall vom 6. Juli 2022. Der Pfleger sollte der Frau nur Stützstrümpfe anziehen. Dafür hatte sie sich hingestellt und sich mit ihren Armen auf seinen Schultern abgestützt.
Doch er cremte sie auch an den Oberschenkeln ein, angeblich, weil die Haut dort «rot und entzündet» war. Die Rentnerin wollte das aber nicht und habe das auch so dem Pfleger gesagt, wie sie auch später der Polizei berichtete.
Er nahm eine Brustwarze in den Mund
Der Pfleger habe aber weitergemacht und sie dann massiert, und zwar ohne Handschuhe. Anschliessend soll er mit einem Finger in die Seniorin eingedrungen sein. Währenddessen habe die Dame ihn angefleht, bitte aufzuhören. «Hören Sie auf» und «Jetzt reicht es dann», soll sie gesagt haben.
Er liess aber nicht von ihr ab. Weiter soll er sich an einer Brust der Patientin vergangen und eine Brustwarze in den Mund genommen haben. Erst dann soll das Martyrium geendet haben. Danach rief die Rentnerin sofort die Pflegeleiterin und erzählte auch ihrer Tochter davon, die schliesslich Anzeige erstattete.
«Sie war zwar sehr gebrechlich, aber absolut klar im Kopf»
Vor Gericht beteuerte der Pfleger, dass die Vorwürfe nicht stimmen würden. Gleichzeitig betonte er, dass er eine schwierige Zeit hinter sich habe. Scheidung, Depression, Schulden. Seine Anwältin meinte zudem, dass die Seniorin offenbar etwas falsch verstanden habe. «Sie mag das Eincremen als sexuellen Übergriff aufgefasst haben, doch es war medizinisch initiiert», erklärte sie vor Gericht laut «St. Galler Tagblatt». Und: Beweise für den Vorfall gäbe es nicht.
Das sah das Gericht anders. Die Dame ist zwar inzwischen verstorben. Ihre Aussagen wurden aber per Video festgehalten. «Sie war zwar sehr gebrechlich, aber absolut klar im Kopf», so die Staatsanwältin. Das sah auch das Gericht am Ende so. Der Pfleger wurde wegen Schändung zu 12 Monaten Gefängnis verurteilt – allerdings bedingt. Das heisst: Er muss nicht hinter Gitter. Hinzu kommt aber ein Berufsverbot. Ein Schock für den Ex-Pfleger. Das Gericht riet ihm, sich bei der Familie der Dame zu entschuldigen. «Damit Sie irgendwann unbelastet in den Spiegel schauen können.» (jmh)