Es sind Szenen wie aus einem Horrorfilm: Am 22. Oktober 2017 stürmt der «Beil-Amok von Flums» mit einer Axt auf ein junges Paar mit Kinderwagen zu – und schlägt brutal auf sie ein. Für die Eheleute ist seitdem nichts wie vorher. Sie leiden unter psychischen und physischen Beschwerden. Auch sechs Jahre nach dem verstörenden Amoklauf, bei dem insgesamt sieben Menschen teils lebensbedrohlich verletzt wurden, wagen sich die beiden kaum mehr vor die Tür.
Der schizophrene Täter Sascha I.* (heute 23) wurde 2018 wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen. Er kam in eine geschlossene Einrichtung.
Ehepaar fordert vom Schulpsychologischen Dienst je 30'000 Franken
Jetzt rückt der Fall wieder in den Fokus der Öffentlichkeit, wie das «St. Galler Tagblatt» berichtet. Konkret: Das attackierte Paar wirft dem Schulpsychologischen Dienst (SPD) des Kantons St. Gallen eine rechtlich relevante Mitverantwortung vor. Denn: Zum Zeitpunkt der Tat war I. der Polizei bekannt. Er war der Jugendarbeit und in seiner Berufsschule durch «Gewaltfantasien» aufgefallen, wie nach dem Amoklauf bekannt wurde.
In den sozialen Medien postete er diverse Beiträge, in denen er behauptete, an den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York beteiligt gewesen zu sein. Eine Jugendarbeiterin und der Klassenlehrer des jungen Mannes verständigten aufgrund dieser Entdeckungen den Schulpsychologischen Dienst.
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Behörde habe Täter nicht eng genug betreut
Von einer akuten Gefährdung von Drittpersonen ging man bei der Behörde jedoch nicht aus – deshalb wurden keine Sofortmassnahmen angeordnet. Der Kriseninterventionsgruppe (KIG) des Schulpsychologischen Diensts wirft das Paar jetzt vor, Warnsignale ignoriert und die tatsächliche Gefährdungssituation falsch eingeschätzt zu haben: I. sei nicht eng genug betreut worden.
Vor dem Kreisgericht Rorschach forderten sie am Dienstag eine Genugtuung von je 30'000 Franken. Laut Anwalt des Paars handle es sich dabei um einen symbolischen Betrag. Dem Ehepaar, das seit der Tat von einer IV-Rente lebt, ginge es nicht ums Geld – sie wollen mit ihrer Klage zukünftige Amoktaten verhindern.
SPD könne keine polizeilichen Massnahmen treffen
Die Anwältin des SPD bestreitet die Vorwürfe. Es bestünde keine rechtliche Haftungsgrundlage. Denn: Der Kanton trage die Verantwortung für den SPD. Ausserdem habe dieser sowieso korrekt gehandelt. Die KIG könne keine polizeilichen Massnahmen treffen oder Jugendliche therapeutisch betreuen.
Das Gericht wird in den kommenden Tagen über die Klage entscheiden. (ene)
* Name bekannt
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