«Ich sehe hier Konfliktpotential zwischen alten und jungen Leuten»
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Bike-Anlage bei Alterssiedlung:«Ich sehe Konfliktpotential zwischen Alten und Jungen»

In Stein am Rhein SH soll unterhalb einer Alterssiedlung eine Pumptrack-Anlage entstehen
«Ich sehe hier Konfliktpotenzial zwischen alten und jungen Leuten»

Seit Jahren kämpfen in Stein am Rhein SH Senioren für den Bau einer Alterssiedlung. Bald bekommen sie sie. Doch nun soll direkt bei den Alterswohnungen eine Pumptrack-Anlage entstehen. Das sorgt für ziemlich heisse Köpfe.
Publiziert: 13.05.2022 um 10:12 Uhr
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Walter Oderbolz (92) und Gabriele Balsiger (62) wehren sich gegen die Pumptrack-Anlage, die neben einer Alterssiedlung entstehen soll.
Foto: Ralph Donghi
Ralph Donghi

In Stein am Rhein SH brodelt ein Streit zwischen den Generationen. Vor allem bei den Genossenschaftern einer geplanten Alterssiedlung auf dem Fridau-Areal ist der Unmut gerade gross. Denn unmittelbar unterhalb einer geplanten Alterssiedlung soll im Sommer auch ein Pumptrack-Park – eine Buckelpiste für Biker, Inlineskater und Kickboard-Fahrer – gebaut werden. Ein Projekt, das die Alten schäumen lässt.

Etwa Walter Oderbolz (92), der als Mitglied der Genossenschaft an vorderster Front gegen das Projekt ankämpft. «Ich bin gegen diese Pumptrack-Anlage. Sie lässt sich nicht vereinbaren mit Alterswohnungen», sagt er. Grund: «Ich sehe hier Konfliktpotenzial zwischen alten und jungen Leuten.»

«Ich würde nicht neben so eine Anlage ziehen»

Der pensionierte Kaufmann findet, «dass man den Senioren eine Grünfläche zugestehen sollte, wo sie sich verweilen können». Und: «Das ist doch kein Anblick für die Bewohner der 30 Mietwohnungen, wenn sie am Morgen aus dem Fenster schauen.»

Oderbolz ist mit dieser Meinung nicht allein. Bei einer ausserordentlichen Genossenschaftsversammlung am 22. April 2022 «waren 65 Prozent der 161 Mitglieder gegen diese Pumptrack-Anlage». Die meisten würden «aussteigen und teils nicht in eine Wohnung einziehen», falls sie dort entstehen würde. Auch er bleibe in seiner jetzigen Wohnung. «Ich würde nicht neben so eine Anlage ziehen.»

Unterstützung auch von Weggezogenen

Auch Gabriele Balsiger (62), die 23 Jahre lang in Stein am Rhein wohnte, unterstützt Oderbolz. Die Innenarchitektin sagt: «Es würde viel bessere Standorte geben, an denen man so eine Anlage für die Jungen realisieren könnte.»

Zudem, so Balsiger: «Die Stadt will der Anlage Auflagen machen, etwa bezüglich Lärm, die wohl gar nicht eingehalten werden können.» Es würde gegenüber der Jugendlichen nur fair sein, «dass man ihnen ein Areal zur Verfügung stellt, auf dem sie sich etwas grosszügiger benehmen könnten».

Pumptrack-Anlage soll im Sommer stehen

Oderbolz ergänzt: «Die Projektierung für die Alterssiedlung besteht schon seit 2013. 2023/2024 soll sie fertiggestellt sein. Nur: Bis Januar dieses Jahres war von einer Pumptrack-Anlage gar nie die Rede – und jetzt soll sie im Sommer stehen.»

In einer Mitteilung rechtfertigt die Stadt kürzlich ihre Unterstützung für die Pumptrack-Anlage des Vereins Chlinge Bike: «Der Stadtrat hat nach einer eingehenden internen Analyse das Anliegen positiv bewertet, eine umfassende Standortanalyse mehrerer Möglichkeiten durchgeführt und abschliessend den Fokus auf das Areal Fridau Süd gelegt, weil an allen anderen Orten die Nachteile deutlich überwiegen beziehungsweise eine Umsetzung sich als kurzfristig kaum möglich erwies.»

Musik-, Rauch- und Alkohol-Verbot

Der Stadtrat schreibt weiter, dass es sich um eine reine Pumptrack-Sportanlage mit nicht motorisierten Fahrrädern handle. Das Areal werde eingezäunt, die Öffnungszeiten seien eingeschränkt. Es werde keine Beleuchtung angebracht. Und: Es biete keinen Raum für Begleitaktivitäten wie Grillieren, Herumliegen, Feste feiern etc.

Weitere Einschränkungen wie ein Musik-, Rauch- und Alkohol-Verbot würden im Betriebsreglement festgehalten, so der Stadtrat. Weiter sehe man gegen Norden Bepflanzungen vor, und die maximalen Abstände zu den Alterswohnungen sollten berücksichtigt werden.

«Lärm ist vorprogrammiert»

Doch das reicht den Alten nicht, wie Gabriele Balsiger sagt: «Man kann schon solche Auflagen machen. Doch die meisten Jugendlichen halten sich eh nicht daran.» Das sehe man schon bei anderen Anlagen in Industriequartieren oder bei Sportplätzen. Zudem würden Beschwerden von der Polizei und der Stadt meistens ignoriert. Sie ist sicher: «Der Lärm ist auch bei der Pumptrack-Anlage vorprogrammiert!»

Balsiger will deshalb weiterkämpfen: «Wir werden mit Messungen bei anderen Anlagen beweisen, dass eine solche Anlage bei einer Alterssiedlung zu laut ist, und die Aufnahmen vor den Häusern von Befürwortern abspielen.»

Während bei der Alterssiedlung keine Einsprache mehr im Weg steht, könnten bei der Pumptrack-Anlage erneut Nachbarn eine einreichen.

Pumptrack-Initiant will, dass «alle zufrieden sind»

Der Initiant der Pumptrack-Anlage, Mark Wunderli (46), verteidigt das Projekt. «Ich verstehe die Senioren und Anwohner. Doch sie müssen keine Bedenken haben», sagt der Hobby-Biker aus Kaltenbach TG. Man werde die Auflagen einhalten. «Unsere Gäste werden zum Biken vorbeikommen und nicht, um Lärm zu machen.»

Es sei auch für ihn die erste Pumptrack-Anlage, die er ins Leben rufe, so Wunderli. «Wenn also den künftigen oder jetzigen Anwohnern etwas nicht passen sollte, dürfen sie jederzeit auf mich zukommen und das Gespräch suchen.» Denn er möchte vor allem eines: «Dass auf diesem Areal am Ende alle zufrieden sind – Gäste und Anwohner.»

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