Aeneas Wanner wohnt mit seiner dreiköpfigen Familie in einem Reiheneinfamilienhaus in Muttenz BL. Aufs Dach soll jetzt eine Solaranlage. «Wir wollen einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten», sagt Wanner, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Energie Zukunft Schweiz AG.
Er sagt aber auch: «Ich bin Ökonom. Ich verschenke kein Geld.» Deshalb hat Wanner gerechnet: In 15 Jahren ist die Anlage amortisiert. Grossen Reibach macht er damit allerdings nicht: Die Rendite beträgt rund ein Prozent.
Und auch das nur unter den aktuellen Bedingungen. Denn der Schuss könnte wirtschaftlich nach hinten losgehen – zumindest, wenn es nach dem Bundesrat geht. Im Herbst schickte er das neue Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien in die Vernehmlassung, denn: Die Schweiz braucht mehr Saft – und den muss künftig vor allem die Sonne liefern.
Hausbesitzer sparen weniger Netzkosten
Bis 2050 soll die Fotovoltaik 44 Prozent des Stroms in der Schweiz produzieren. Den grössten Brocken erwartet die Regierung von kleinen Anlagen auf Hausdächern und Fassaden – satte 37 Prozent des Gesamtbedarfs. Heute sind es gerade einmal zwei Prozent.
Bloss: Wenn das Bundesgesetz in seiner aktuellen Form durchkommt, rechnet sich die Übung für Hausbesitzer nicht. Das zeigt eine neue Studie von Wanners Unternehmen im Auftrag der Schweizerischen Energie-Stiftung und des Fachverbands Swissolar.
Das Problem: Der Preis für den Zugang zum Stromnetz soll künftig stärker von der Anschlussleistung einer Anlage abhängen und nicht mehr in erster Linie von der effektiven Verbrauchsmenge. Mehr Leistungs- und weniger Arbeitstarif also, wie es in der Fachsprache heisst – das aber benachteiligt die Besitzer von kleinen Solaranlagen auf Ein- und Mehrfamilienhäusern. Denn so sparen sie mit dem Strom aus der eigenen Anlage weniger Netzkosten.
Eine zweite Bestimmung im neuen Bundesgesetz sieht Einspeisevergütungen nach dem Marktpreis vor. Bisher erhalten Besitzer kleiner Solaranlagen eine fixe Vergütung für den Strom, den sie ins Netz liefern. Nun will der Bundesrat diesen Betrag den Marktschwankungen aussetzen.
Amortisationsdauer verlängert sich enorm
In der Kombination haben die beiden Änderungen gemäss der neuen Studie massive Folgen für Hausbesitzer: Die Amortisationsdauer ihrer Anlagen verlängert sich um bis zu elf Jahre, die Rendite sinkt um bis zu vier Prozent. «Ein Grossteil der bestehenden Anlagen rentiert heute nur knapp», sagt Studienautor Stefan Liechti. Das heisst für künftige Anlagen: «Kommt das Gesetz unverändert durch, drohen ihren Besitzern Verluste.»
Dabei sei Fotovoltaik eigentlich schon längst rentabel, betont Felix Nipkow von der Schweizerischen Energie-Stiftung. «Aber wir brauchen entsprechende Rahmenbedingungen, damit das so bleibt.»
Paradox: Energieministerin Simonetta Sommaruga drängt auf den Ausbau der Solarenergie auf den Dächern – und der Gesamtbundesrat geht Hausbesitzern, die sie erzeugen, ans Portemonnaie. Das Bundesamt für Energie (BFE) bestätigt gegenüber SonntagsBlick: «Sinkende Einspeisetarife und höhere Leistungstarife führen bei kleineren Anlagen tendenziell zu sinkenden Erträgen und Renditen.»
Betreffend Einspeisevergütung sei aber ein zehnjähriger Bestandsschutz für bestehende Anlagen vorgesehen. Für neue Anlagen wiederum seien die Marktpreise aktuell günstig. Und die genaue Regelung des Leistungstarifs erfolge erst in der entsprechenden Verordnung.
David Stickelberger, Geschäftsleiter von Swissolar, entgegnet: «Zentral für den Ausbau sind die neuen Anlagen. Für ihre Besitzer ist wirtschaftlich entscheidend, was sie für den Strom erhalten, den sie ins Netz speisen.» Denn sie könnten oft nicht mehr als ein Drittel ihrer Produktion selbst verbrauchen. «Das dürfen wir nicht dem Markt allein überlassen», sagt Stickelberger. «Darum braucht es einen garantierten Minimaltarif.»
So werden die Ausbauziele nicht erreicht
Zurzeit berät die Umweltkommission des Ständerats das neue Gesetz. «Der Bund darf die Wirtschaftlichkeit der kleinen Solaranlagen nicht untergraben», sagt Kommissionsmitglied Lisa Mazzone (Grüne). «So erreichen wir die Ausbauziele nicht. Die Kommission muss das korrigieren.» Die Anlagen auf den Häusern seien zentral für den Ausbau der Erneuerbaren, sagt die Genfer Ständerätin. «Sie müssen für die Besitzer attraktiv genug sein, damit diese investieren.»
Mazzones Kommissionskollege Jakob Stark hat selbst eine Solaranlage auf dem Dach. Wie Swissolar unterstützt der SVP-Ständerat die Idee eines Marktpreises mit einer Absicherung gegen unten. «Es braucht aber gleichzeitig auch eine Obergrenze zur Absicherung des Staates. Wenn der Marktpreis darüber hinausgeht, sollten die Anlagenbesitzer die Differenz abliefern.» Jakob Stark bezweifelt ebenfalls, dass der angestrebte Ausbau ohne Gesetzesanpassungen gelingt.
Für Aeneas Wanner ist klar: «So benachteiligt der Bund die Hausbesitzer, die in die Sonnenkraft investieren. Unter diesen Bedingungen würde ich meine Anlage nicht mehr bauen.» Doch für Anpassungen sei es nicht zu spät: «Dann hat der ambitionierte Ausbauplan für die Solarenergie eine echte Chance.»
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