Hier schüttet der Kurzzeit-Knasti Müll vors Gemeindehaus
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«Mafia Weinfelden!»:Hier schüttet der Kurzzeit-Knasti Müll vors Gemeindehaus

Giuseppe Grasso (59) aus Weinfelden TG im Streit mit Nachbarn und Gemeinden
Kurzzeit-Knasti schüttet aus Protest Müll vors Gemeindehaus

Seit 20 Jahren wird in Weinfelden um eine Sandsteinmauer gestritten. Giuseppe Grasso sass wegen des Endlos-Zoffs kurzfristig gar schon im Gefängnis. Jetzt kompostiert er seinen Abfall aus Protest vor dem Gemeindehaus.
Publiziert: 01.07.2021 um 15:37 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2021 um 17:38 Uhr
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Der Clip entstand am Dienstag vor dem Gemeindehaus von Weinfelden TG.
Foto: Zvg
Marco Latzer

Ein Mann zieht einen Plastikcontainer in Weinfelden TG zum Gemeindehaus, er rumpelt über die Pflastersteine, hoch die Treppe, bis vor die Türe: Dort angekommen, leert der Mann ohne zu zögern den ganzen Inhalt vor dem Haupteingang aus. Ein Video zeigt die Aktion vom Dienstag.

Als Stadtpräsident Max Vögeli verdutzt aus seiner Amtsstube schaut, zieht der Wildentsorger bereits wieder von dannen. Der Mann wendet sich mit ernstem Blick der filmenden Kamera zu und ruft: «Mafia Weinfelden!»

Es handelt sich um Giuseppe Grasso (59) und die neuste Episode in einem irrwitzigen Mauerstreit, den sich der Hausbesitzer mit seinem Nachbarn und den Behörden liefert. «Ich kämpfe seit 20 Jahren um mein Eigentum, aber die Gemeinde macht ihren Job nicht. Mafia!», ärgert sich der Italiener.

Achtmal habe er in den letzten Jahren seinen Container sowohl vor dem Gemeinde- als auch dem Rathaus entleert, um seinen Protest auszudrücken, gibt Grasso freimütig an. Nur einmal habe ihn die Polizei dabei erwischt. «Das ist schon eine ganze Weile her. Die Busse, es war ein geringer Betrag, habe ich natürlich bezahlt», sagt der gelernte Wirt.

Ein nicht enden wollender Mauerzoff

Die Geschichte des Konflikts ist kompliziert – Blick hat bereits mehrfach berichtet. Die Kurzform: Immer wieder tropft es Giuseppe Grasso durch eine Sandsteinmauer in sein in den Hang gebautes Haus. Er ist überzeugt, dass kaputte Wasserleitungen auf dem oberhalb gelegenen Grundstück seines Nachbarn (72) für die Wassereinbrüche verantwortlich sind.

Es folgten Gutachten und Gegengutachten, Experten gaben sich die Klinke. Seit 2005 prozessiert Grasso deswegen. Momentan liegt der Fall wieder beim Bezirksgericht Weinfelden – Ausgang offen. 700'000 Franken haben die Schäden und die Prozesse den Italiener bislang gekostet.

Grasso wurde zum Kurzzeit-Knasti

Der Mauerstreit hat ihm sogar einige Stunden im Thurgauer Kantonalgefängnis eingebracht: Weil er seinen Nachbarn mit einem Kick und einem Faustschlag traktierte und mehrfach unerlaubt auf dessen Grundstück eindrang, um Beweise zu sammeln. Grasso weigerte sich zunächst, die ihm auferlegte Busse von 6535 Franken zu bezahlen.

Hinter Gittern gab er aber nach gerade einmal drei Stunden auf, weil ihm die Haftbedingungen missfielen! Nun folgt mit der Müllentsorgung das nächste kuriose Kapitel. Der Auslöser: Äste und Laub vom Nachbargrundstück verstopften Grassos Dachrinne, als es nach einem Gewitter zu Überschwemmungen kommt.

Stadt verzichtet auf Strafanzeige

«Die Gemeinde stellt die Leitungen im Boden nicht ab, sie verpflichtet den Nachbarn auch nicht, die Bäume zurückzuschneiden», ärgert sich Giuseppe Grasso. Diese geht nicht auf den Protest ein. Man habe überlegt, Anzeige zu erstatten, teilt Stadtschreiber Reto Marty auf Anfrage von Blick mit.

«Wir haben bisher jedoch darauf verzichtet, da wir die Justiz nicht mit solchen Unzulänglichkeiten beschäftigen wollen und darauf hoffen, dass die betroffene Person zur Vernunft kommt. Dümmere Aktionen kann man ja fast nicht machen», so Marty. Drohungen oder Sachbeschädigungen würde man unter keinen Umständen tolerieren.

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