Als «bockiger Moslem» und «Mühsam-Muslim» sorgte Emir Tahirovic (46) landesweit für Schlagzeilen. Der Bosnier wehrte sich in der Vergangenheit mit Händen und Füssen dagegen, dass seine Kinder am Schwimmunterricht oder an Klassenlagern teilnehmen (Blick berichtete).
Jetzt muss der Vater von fünf Kindern für acht Monate in den Knast und im Anschluss die Schweiz zusammen mit seiner Frau (40) für fünf Jahre verlassen. Gleichzeitig hinterlässt Familie Tahirovic ein «Abschiedsgeschenk» der happigen Sorte: 450'000 Franken an Sozialhilfeschulden hat sie in der Gemeinde St. Margrethen angehäuft. Inzwischen wohnt der Fundamentalist mit seinen Kindern in Embrach ZH – und bezieht auch dort wieder Sozialhilfe.
Familie Tahirovic soll das Sozialamt betrogen haben
«Ich werde wie ein Ungeziefer behandelt, das man ausrotten will», klagte nun Emir Tahirovic vor dem Kreisgericht Rheintal in Altstätten SG. Denn der strenggläubige Muslim musste sich mit zusammen seiner Frau (40) wegen Sozialhilfebetrug, Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen und mehrfacher Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflichten in einem neuerliche Prozess verantworten.
Tahirovic sieht sich als Opfer der schweizerischen Gesellschaft und wählt für seine Situation martialische Worte: «Ich habe schon viele Schlachten verloren, aber ich hoffe auf Gott, dass ich diesen Krieg am Schluss gewinne!» Trotzdem plagten ihn trotz dieser moralischen Überhöhung höchst irdische Probleme.
Die Kurzform: Familie Tahirovic soll im Kopftuch-Streit eine Prozessunterstützung des «Islamischen Zentralrats der Schweiz» (IZRS) in Höhe von 5000 Franken erhalten und nicht den Sozialbehörden gemeldet haben. Gleiches gilt für 14'000 Franken an Bussgeldern, die das Ehepaar durch Spenden von Freunden, Verwandten und einer bosnischen Moschee-Frauengruppe beglichen haben soll. Mehrere durch das Sozialamt entrichtete Mietzinsen soll Emir Tahirovic in Absprache mit dem Vermieter, der zugleich sein Vater ist, ebenfalls in seinen «Kampf» investiert haben.
Bussen mit Spendengeldern beglichen
Emir Tahirovic bestreitet die Vorwürfe im Grundsatz nicht, gibt aber vor, keine andere Wahl gehabt zu haben, um nicht im Gefängnis zu landen. Die Strafen waren unverhältnismässig hoch. Ich wurde wie ein wildes Tier in eine Ecke getrieben», ist er überzeugt. Er habe sich nämlich nur für seine Kinder und deren Glauben einsetzen sollen.
Deswegen wurde Tahirovic ebenfalls angeklagt. Seiner ältesten Tochter verweigerte der mehrfach wegen ähnlichen Delikten vorbestrafte Bosnier 2016 die Teilnahme am obligatorischen Schullager sowie dem Schwimm- und Sportunterricht. Stattdessen pochte er auf ein Ersatzprogramm und Speziallösungen. Auch einer seiner Söhne durfte nicht mit seinen Gspänli schwimmen gehen.
«Mühsam-Muslim» fühlt sich von Schweiz diskriminiert
Emir Tahirovic ist dagegen überzeugt: «Dinge wie gemischtes Schwimmen sind nicht islamisch, dagegen haben wir uns damals gewehrt. Wir wollten das gerichtlich klären, haben später aber nachgegeben.» Er habe inzwischen eingelenkt und aufgegeben, obwohl er die Regelungen und Vorschriften nicht nachvollziehen könne.
«Ich finde diese Gesetze rassistisch und diskriminierend. Vielleicht auch sexistisch, da sie nur Muslimen aufgezwungen wurden. Ich wollte nur für Gleichberechtigung kämpfen», so Tahirovic. «Wir werden nicht als vollwertige Bürger angesehen. In diesem Land muss man sich anpassen, wenn man nicht Christ oder Jude ist», fügt er an.
«Ich bin demokratischer als die meisten Leute hier!»
Die Staatsanwaltschaft St. Gallen hatte für Emir Tahirovic eine unbedingte Haftstrafe von 12 Monaten gefordert, bei seiner Gattin sollte die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Beide sollten anschliessend für zehn Jahre des Landes verwiesen werden.
Richter Mark Schärz ging in seinem Urteil etwas unter diese Anträge, an der unbedingten Haftstrafe für Emir Tahirovic und den Landesverweissen, allerdings für nur je fünf Jahre, hielt er fest. «Wir sehen keinerlei Integration. Sie befassen sich nicht mit dem Leben und der Kultur in der Schweiz und leben seit Jahren von Sozialhilfe. Es spricht nichts gegen einen Landesverweis», so Schärz.