Vreni Bänziger (71) ist ein grosser Katzenfan. Letztes Jahr – als ihr Murphy starb – brach eine Welt für die Seniorin aus Engelburg SG zusammen.
Nun wird der Seniorin ihre Tierliebe zum Verhängnis. Weil sie sich um einen vermeintlich streunenden Kater kümmerte und diesen fütterte, wurde sie von dessen Besitzerin angezeigt. Bänziger soll 650 Franken Busse zahlen, schreibt das «Tagblatt».
Kater pendelt gerne zwischen mehreren Haushalten
Die Geschichte fängt im Oktober 2020 an. Kater Kasimir* läuft Bänziger zu. Die Frau meldet den Vierbeiner daraufhin beim Tierschutzverein Stadt St. Gallen und Umgebung. Ein Foto des Büsis wird in der Meldezentrale erfasst. Doch niemand meldet sich.
Der Kater kommt und geht derweil, wie es ihm gerade passt. Neben Bänziger schaut er auch bei anderen Einwohnern im Quartier vorbei. Zweieinhalb Monate geht das so. Was Bänziger und ihre Nachbarn nicht ahnen: Kasimir hat eigentlich ein Zuhause. Bei anderen Menschen vorbeizuschauen und sich verköstigen zu lassen, sagt ihm aber offenbar ebenfalls zu.
Die Familie des Katers ist sich gewohnt, dass er ab und zu für einige Tage verschwindet und dann wieder heim kommt. Aus diesem Grund sucht sie auch nicht nach ihm und forstet entsprechend keine Anzeigen der Meldezentralen durch.
«Bitte nicht mehr füttern»
Irgendwann stellt die Besitzerin jedoch fest, dass ihr Büsi nicht mehr viel frisst, und hegt den Verdacht, dass der Vierbeiner wohl woanders gefüttert wird. Sie befestigt auf seinem Halsband einen Zettel. «Das ist unsere Katze Kasimir. Da er nicht mehr regelmässig nach Hause kommt, vermuten wir, dass er gefüttert und ins Haus genommen wird. Wir bitten Sie, das nicht mehr zu machen. Kasimir hat ein liebevolles Zuhause.»
Diesen Zettel entdeckt dann auch Vreni Bänziger, als der Kater Ende Dezember wieder bei ihr auftaucht. «Es mutet seltsam an, von einem liebevollen Zuhause zu schreiben, wenn die Besitzerin zweieinhalb Monate nicht mit Vermisst-Flyern aktiv wird», findet sie. Trotzdem hält sie sich an die Bitte und gibt Kasimir kein Futter mehr, wie sie gegenüber Blick erklärt.
GPS-Tracker führt zur Eskalation
Einige Zeit später beschliesst die Besitzerin, den Kater mit einem GPS-Tracker auszustatten und sieht Anfang Januar endlich, wo ihr Tier sich die ganze Zeit rumtreibt. Es kommt zu einem ersten Treffen der Frauen, das im Streit endet.
Trotz einer Aussprache eskaliert die Situation einige Tage später. Denn Kasimir besucht weiterhin das Haus von Bänziger und ihren Nachbarn. Das sieht die Besitzerin. Sie verteilt weitere Zettel im Haus und bittet darum, ihr Tier nicht hineinzulassen.
Irgendwann kehrt der Kater ohne den Tracker heim. Kurz darauf taucht die Besitzerin bei Bänziger auf und sieht, wie ihr Haustier aus der Wohnung der 71-Jährigen läuft. Sie wirft Bänzinger vor, den Tracker absichtlich entfernt zu haben. Bänziger weist die Anschuldigungen von sich und sagt, der Kater habe sich wieder eingeschlichen. «An diesem Tag war der Kaminfeger da und die Türen standen offen», sagt sie zu Blick.
Einspruch gegen Strafbefehl
Die Besitzerin schaltet jedoch die Polizei ein und erstattet eine Anzeige. Bänziger erhält eine Vorladung. Aufgrund der Coronasituation schildert sie jedoch per Mail ihre Sicht der Dinge. Ende April flattert ihr dann ein Strafbefehl ins Haus. Die Staatsanwaltschaft spricht sie der mehrfachen, aber geringfügigen unrechtmässigen Aneignung schuldig. Und verdonnert sie zu einer Busse in Höhe von 650 Franken.
Die Ostschweizerin legt Einspruch ein. «Ich habe nichts Falsches gemacht. Ich hatte ja keine Ahnung, wem die Katze gehört, und habe sie nur bis zu diesem Zeitpunkt gefüttert. Später nicht mehr.» Das Verfahren ist derweil bei der Staatsanwaltschaft pendent. (man)
* Name geändert