Rund 17'000 Lehrstellen sind noch nicht besetzt
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Die KMUs schlagen Alarm:Rund 17'000 Lehrstellen sind noch nicht besetzt

Noch 17'000 Ausbildungsplätze unbesetzt
Der Schweiz gehen die Lehrlinge aus!

Ist es das schlechte Image? Der tiefe Lohn? Die körperliche Arbeit? Die KMU der Schweiz rätseln über den akuten Lehrlingsmangel. Warum wollen bloss alle zur Bank oder ins Gymi?
Publiziert: 08.07.2022 um 00:40 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2023 um 11:45 Uhr
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Metzger Beat Wüthrich und sein Team. Seine Eltern fanden zehn Jahre lang keinen Lernenden. Mit zeitgenössischen Hilfsmitteln konnte er dieses Jahr bereits einen Auszubildenden verpflichten.
Foto: Beat Michel
Beat Michel

Die KMU der Schweiz schlagen Alarm! Sie können ihre Lehrstellen nicht besetzen. Die Folgen sind klar: Mittel- bis langfristig bleibt der aktuelle Fachkräftemangel bestehen.

«Wir müssen den Jugendlichen unsere Jobs näherbringen», sagt Martin Truninger (44), Spenglermeister und Inhaber eines Betriebs in Rikon ZH.

«Wenn wir nicht mehr Medizinische Praxisassistentinnen ausbilden, kann der Praxisbetrieb nur schwer aufrechterhalten werden», sagt Nicole Thönen (38), leitende Praxisassistentin in Belp BE.

«Wir müssen jetzt etwas tun», sagt Beat Wüthrich (32), Betreiber und Inhaber einer Metzgerei in Münchenbuchsee BE.

Jeder Handgriff sitzt

Blick fühlte an der Front bei den KMU den Puls. Wie reagieren sie auf den ausgetrockneten Markt? 17'000 Lehrstellen sind laut des Lehrstellen-Nachweises LENA ausgeschrieben. «Wir kämpfen seit Monaten, Jugendliche für die Ausbildung zum Spengler zu begeistern», sagt Truninger. Und weiter: «Heute ist der Beruf kaum mehr bekannt, es ist einer der schönsten Handwerksberufe überhaupt», weibelt er für seine Branche. «Der Beruf als Spengler ist abwechslungsreich, man kann kreativ sein, und die Bezahlung ist gut.» Trotzdem findet er keinen passenden Lernenden.

Wir sprechen mit dem Spenglermeister auf dem Flachdach des Skilifts Steg im Zürcher Oberland. Er fasst mit seinen beiden Angestellten die Ränder des Dachs mit Blech ein und setzt Abluftrohre aus Kupfer auf die Dachpappe. «Wir machen das Dach dicht und sorgen mit der Umfassung, dass das Gebäude schön aussieht», sagt Truninger.

Hilfe von Familie und Freunden

Warum der Nachwuchs ausbleibt, versucht Truninger im Vorstand des Branchenverbands Suissetec Nordostschweiz zu ergründen. «Wir erarbeiten jetzt an einer Imagekampagne», so Truninger. Der Fachkräftemangel sei so akut, dass er Freunde und Familie aushelfen lassen muss oder sich Fachkräfte von anderen Firmen aus dem Baunebengewerbe ausleiht. Temporärbüros seien keine Lösung: «Das funktioniert vielleicht bei Grossbetrieben, aber nicht bei unserem kompakten Team.»

Ganz ähnlich tönt es in der Medizinbranche. «Unseren Beruf als Medizinische Praxisassistentin MPA kennen die Jungen nicht mehr», sagt Nicole Thönen. «Über 1200 Stellen sind offen», sagt die Zentralpräsidentin des Schweizerischen Verbands Medizinischer Praxisfachpersonen (SVA). «Wenn wir heute keine Auszubildende mehr haben, verschärft sich der Fachkräftemangel in der Zukunft weiter.»

Stolperstein Lohn

Dass trotzdem so wenig Jugendliche aufspringen, könnte am Lohn liegen. Die SVA-Zentralpräsidentin sagt: «Die Empfehlungen für den Mindestlohn wird vom Berufsverband der Schweizer Ärzte FMH vorgegeben und liegt je nach Kanton zwischen 3800 und 4200 Franken. Klar können die einzelnen Praxen auch höhere Löhne bezahlen, aber die negative Signalwirkung ist da aber schon passiert. Der Niedriglohn-Stempel ist aufgedrückt.»

Auch die Metzgerbranche hat mit einem Imageproblem zu kämpfen. Beat Wüthrich (32), der in zweiter Generation den Betrieb der Eltern übernommen hat, warnt vor einer weiteren Verschärfung, falls die Fleischbranche nicht jetzt Gegensteuer gibt. Er sagt: «Die Schweiz bräuchte 300 bis 400 Lehrlinge, um die bestehenden Metzgereibetriebe aufrechtzuerhalten. Bereits dieses Jahr werden 150 fehlen», sagt er.

Instagram, Innovation und moderner Stil helfen

Er selbst hat für die Lehrlingssuche mit Erfolg einen eigenen Weg eingeschlagen. Er postet regelmässig Beiträge auf Instagram, entwickelt immer wieder neue Produkte und pflegt einen bewusst modernen Stil. «In unserem Laden kann man alles vom Apéro bis zum Dessert kaufen. Die tierfreundliche Haltung und die restlose Verwendung der geschlachteten Tiere sind zentrale Punkte. Das wirkt, wir haben bereits den nächsten Lehrling verpflichtet.»

Die Auszubildenden in der Arztpraxis und beim Metzger gingen sehr gezielt vor, um ihren Betrieb auszusuchen. Etwa Dina Schertenleib (21), MPA-Lehrtochter auf dem zweiten Bildungsweg: «Ich habe in der Schule von dem Beruf gehört, dann habe ich geschnuppert, und hier hat es mir am besten gefallen.»

Leandro Weber (17), Lehrling Fleischfachmann, kam durch seinen Götti auf den Geschmack. Er sagt: «Beim Schnuppern wusste ich schnell, das ist mein Beruf. Ich war bei mehreren Betrieben. In Münchenbuchsee gefiel es mir am besten. Ich hätte aber überall anfangen können.»

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