Neue Studie der ETH Zürich macht erstaunlichen Befund bei Klimamodellen
Sauberere Luft führt zu wärmeren Sommern in Europa

Eine Erhöhung der Luftqualität führt generell zu einer zusätzlichen Erwärmung. Eine kürzlich publizierte Studie der ETH Zürich zeigt nun, dass diese Entwicklung in regionalen Klimamodellen nicht richtig erfasst wurde.
Publiziert: 13.04.2024 um 15:41 Uhr
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Aktualisiert: 16.04.2024 um 08:38 Uhr
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Eine Erhöhung der Luftqualität führt generell zu einer zusätzlichen Erwärmung.
Foto: Keystone

Die Luftverschmutzung hat in den vergangenen Jahren weltweit merklich abgenommen. Für die körperliche Gesundheit ist das zwar eine gute Nachricht, bezüglich Klimawandel sieht das Ganze aber etwas anders aus.

Was auf den ersten Blick unlogisch wirkt, ergibt bei genauerem Betrachten durchaus Sinn. Als Beispiel kann etwa die Verbrennung von Kohle oder Benzin herangezogen werden. Diese erzeugt Treibhausgase, die den Klimawandel vorantreiben.

Kühlender Einfluss reduziert

Gleichzeitig werden dabei aber auch Schadstoffpartikel, sogenannte Aerosole, freigesetzt, die das Sonnenlicht reflektieren und den Planeten abkühlen, wodurch ein Teil der Erwärmung ausgeglichen wird.

Durch die Verbreitung von neuen Technologien, etwa zur Abgasreinigung, wurden über die vergangenen Jahre jedoch die ausgestossenen Schadstoffmengen geringer, und damit auch ihr kühlender Einfluss auf den Planeten.

Das macht sich besonders in Europa bemerkbar, wo sich die Sommer seit den 1980er-Jahren schneller als in jeder anderen Region weltweit erwärmt und in den Monaten Juni bis August zu einem Anstieg der Temperaturen um rund 2,3 Grad geführt haben. Die sauberere Luft verstärkte die Erwärmung dabei um 0,5 Grad.

Die meisten globalen Klimamodelle hielten diese Entwicklung problemlos und fehlerfrei fest. Nicht so jedoch die Modelle, die sich auf bestimmte Regionen beziehen. Eine Studie des Instituts für Atmosphäre und Klimawissenschaften der ETH Zürich hat diesbezüglich nun einen erstaunlichen Befund gemacht.

Erwärmung in der Schweiz unterschätzt

Demnach wird die gemessene starke Sommererwärmung in West- und Mitteleuropa in den meisten regionalen Klimamodellen nicht richtig erfasst. Die simulierte Erwärmung fiel in den meisten Modellen nämlich um einiges schwächer aus. «Die Modelle hinken der tatsächlichen Erwärmung knapp 15 Jahre hinterher», bringt es Domink Schumacher, Hauptautor der Studie, gegenüber dem «Tages-Anzeiger» auf den Punkt.

Der Grund für den Unterschied: Im Gegensatz zu globalen Klimamodellen, die die Änderungen in den Aerosolkonzentrationen berücksichtigen, kamen bei regionalen Modellen der Einfachheit halber mehrheitlich konstante Konzentrationen zum Zug. Dass diese in der Realität jedoch alles andere als konstant sind, wurde dabei nicht berücksichtigt.

Dies führte im Anschluss dazu, dass die Effekte der Aerosolkonzentration insbesondere in den Sommermonaten mit starker direkter Sonneneinstrahlung unterschätzt wurden. «Die Ergebnisse zeigen, dass die projizierte Erwärmung in der Schweiz und umliegenden Ländern bisher unterschätzt wurde und dass die Auswirkungen des menschenverursachten Klimawandels hier deutlich schwerwiegender sein werden als bisher angenommen», sagt Sonia Seneviratne, Mitautorin der Studie und Vorstandsmitglied des Weltklimarates IPCC.

Künftige Modelle müssen Entwicklung berücksichtigen

Besonders nützlich könnten sich die gewonnenen Erkenntnisse nun für jene Regionen erweisen, in denen noch immer eine starke Luftverschmutzung herrscht. Die Autoren der Studie empfehlen daher, dass man künftig bei der Erstellung von regionalen Klimamodellen die Entwicklung der Aerosole berücksichtigen müsse.

Die Forscher haben denn auch Klimaszenarien berechnet, die von hohen Treibhausgasemissionen ausgehen und langfristige Aerosolveränderungen berücksichtigen und dabei für die Periode von 1980 bis 2099 festgestellt, dass Hitzewellen in Europa um weitere zwei Grad ansteigen könnten.

Treibhausgas Methan soll reduziert werden

Eine Frage, die sich nun manche stellen dürften, ist, ob sich denn Lufthygiene und Klimaschutz gegenseitig ausschliessen. Dem ist gemäss den Forschern nicht so. «Der Rückgang von Aerosolemissionen aufgrund von Luftreinemassnahmen ist aus gesundheitlicher Sicht äusserst wünschenswert, weil diese weltweit jährlich zu 4,2 Millionen verfrühten Todesfällen führen», so Mitautor Erich Fischer.

Die Problematik um den kurzfristigen Effekt einer Erwärmung durch die Verringerung von Aerosolen ist auch beim Weltklimarat IPCC oben auf der Agenda. Gemäss dem Gremium soll gleichzeitig mit der verbesserten Luftqualität auch das Treibhausgas Methan stärker reduziert werden, was allenfalls gar zu einer Abkühlung führen könnte. (ced)

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