Ein paar Lieder könnten den Künstler und Politiker Christian Jott Jenny (42) zum verurteilten Verbrecher machen. Am Mittwoch muss der umtriebige Gemeindepräsident von St. Moritz GR vor Bezirksgericht Zürich antraben – und im Fall einer Verurteilung eine hohe Geldstrafe von mehreren Zehntausend Franken fürchten. Die Anklage: Der Tausendsassa hat falsch gesungen.
Konkret: An der Trauerfeier von Pfarrer Sieber (†91) im Zürcher Grossmünster 2018 führte Jenny eines von Siebers Lieblingsliedern auf: «Mis Dach isch de Himmel vo Züri» des 1982 verstorbenen Werner Wollenberger (†55). Jenny passte den Originaltext aber an mehreren Stellen an. Im Original ist etwa die Rede von der Zeitung «Tat», die bis 1978 erschien. Jenny machte daraus kurzerhand das Strassenmagazin «Surprise».
Es drohen 33'000 Franken Geldstrafe plus Busse
Auch bei der Aufführung der «Trittligass-Ballade» – eine Freilichtveranstaltung in Zürich mit Walter Andreas Müller (75) – gab es Änderungen, wie der Staatsanwalt dargelegt hat: «Ev. nicht der ganze Refrain gesungen», steht in der Anklageschrift. Oder: «Drei Zeilen weggelassen.»
Laut Gesetz darf man ein Kunstwerk nur mit Einwilligung des Künstlers (oder in diesem Fall seiner Erben) abändern. Ausser es handelt sich um eine Parodie. Der Staatsanwalt sieht die Parodie in den angeklagten Fällen nicht, dafür ein Verbrechen gegen das Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. Er fordert darum eine bedingte Geldstrafe von 33'300 Franken plus Busse von 8300 Franken.
Urteil könnte weitreichende Konsequenzen haben
Der Angeklagte ist bereit, im Fall einer Verurteilung durch alle Instanzen zu gehen. Denn ein Urteil könnte auch für andere Künstler Einschnitte bedeuten: Man dürfte alte Werke nicht mehr neu interpretieren, sondern müsste sie ungekürzt und im Originalwortlaut wiedergeben.
Bei der Werner Wollenberger Stiftung, die sich um den Nachlass des Künstlers kümmert, will man sich vor der Verhandlung nicht weiterführend äussern. Nur so viel: Beim Einreichen der Strafanzeige sei es nicht um Geld gegangen, sondern um das Ansehen des Künstlers und den Respekt vor seinem Werkschaffen. Und Stein des Anstosses sei auch nicht die Trauerfeier von Pfarrer Sieber gewesen, sondern die «Trittligass-Ballade». Christian Jott Jenny wollte sich vor der Gerichtsverhandlung nicht zum Fall äussern.
Das Urheberrecht sorgt dafür, dass die Rechte von Künstlern an ihren Werken geschützt werden. Sie können so selber entscheiden, von wem und unter welchen Bedingungen ihre Werke verwendet werden dürfen. Dazu gehört auch das Bearbeitungsrecht – also die Entscheidung, ob, wann und wie etwas verändert werden darf. Im Normalfall endet das Urheberrecht in der Schweiz 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers.
Gerade im Internet sorgt das Urheberrecht immer wieder für böse Überraschungen. Wer etwa arglos ein zufälliges Internet-Foto für die eigene Homepage verwendet, könnte umgehend dicke Post bekommen: Verschiedene Firmen haben sich darauf spezialisiert, solche Verstösse im Netz zu finden und abzumahnen. Das kann dann schnell mal ein paar Hundert Franken kosten. Michael Sahli
Das Urheberrecht sorgt dafür, dass die Rechte von Künstlern an ihren Werken geschützt werden. Sie können so selber entscheiden, von wem und unter welchen Bedingungen ihre Werke verwendet werden dürfen. Dazu gehört auch das Bearbeitungsrecht – also die Entscheidung, ob, wann und wie etwas verändert werden darf. Im Normalfall endet das Urheberrecht in der Schweiz 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers.
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