Krätzemilben, Waffenschrank und Verschwörungs-Wirrwarr: All dem setzte Sofia G.* ihren Sohn Noa* (damals 5) gemäss Anklage aus, als sie ihn während der Herbstferien 2021 nach Deutschland entführte. Und nicht wie abgemacht Vater Markus G.* zurückbrachte, der die elterliche Obhut innehatte. Dort kamen Mutter und Sohn bei Reichsbürger-Guru Maximilian Eder unter. Ausgerechnet der Verschwörungstheoretiker sollte Sofia G. helfen, den angeblichen sexuellen Missbrauch an ihren Sohn durch ihren Ex und Kindsvater Markus G. zu verifizieren. Diese grobe Anschuldigung wurde jedoch nie erhärtet.
Vergangene Woche musste sich die Mutter gemeinsam mit zwei Gehilfinnen vor dem Richteramt Dorneck-Thierstein SO verantworten. Am Freitag fiel das Urteil. Die Richterin sprach Mutter Sofia G. in allen Punkten schuldig – allen voran wegen der Kindesentführung. G. kassierte eine bedingte Freiheitsstrafe von 17 Monaten bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie eine Geldstrafe von 85 Tagessätzen zu 30 Franken. Vom Landesverweis sah die Richterin ab – Sohn Noa sei dank!
Auch Gehilfinnen schuldig gesprochen
Weiter sprach die Richterin auch die beiden Gehilfinnen schuldig. Antonia B.*, die eine zentrale Rolle in der Kindesentführung gespielt habe, erhielt eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monate bei einer Probezeit von zwei Jahren. Die Strafe von Kevina C.* hingegen fiel etwas milder aus: eine bedingte Freiheitsstrafe von 10 Monaten bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 50 Franken.
Die Richterin ging zunächst auf die beiden Verhandlungstage ein: «Es wurde viel geredet, aber Noa ging dabei fast vergessen! Auch vergessen ging, wie es dem Vater in seiner Ungewissheit ging.» Weiter erklärte die Richterin: «Die Täterinnen sind zu Opfern gemacht worden.» Zu einem gewissen Grad seien sie das auch, allen voran die Mutter, die jetzt darunter leide, dass Sofia G. keinen Kontakt zu ihrem Kind habe. Doch: «Den Grund dafür hat sie in ihrem Verhalten zu suchen.»
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Kindeswohl war gefährdet
Weiter erklärte die Richterin, dass die Kindeswohlgefährdung in diesem Fall eine zentrale Rolle spiele. Hierbei sei nicht die «subjektive Wahrnehmung von Noa» wichtig, sondern was tatsächlich vorliege. Die Richterin: «Gemäss dem Gericht liegt vieles vor, das für eine Kindeswohlgefährdung spricht.»
Unter anderem zählte die Richterin auf: Die Mutter sei mit Noa untergetaucht. Er habe keine Möglichkeit gehabt, seinen Vater zu kontaktieren. Sofia G. habe sich und ihren Sohn in die Hände eines ihr völlig unbekannten Mannes begeben. «Noa konnte nicht in den Kindergarten und auch nicht in die Logopädie, die für seine weitere Entwicklung als zentral beschrieben wird.»
Risiko von Pseudoerinnerungen
Weiter ging die Richterin auf die Umstände in Eders Haus ein: «Sofia G. hat selbst gesagt, dass die hygienischen Umstände bedenklich waren. Noa hatte Krätzemilben bei seiner Rückkehr. Es gab keine Heizung, kein Wasser. Im Eingangsbereich befand sich ein Waffenschrank.»
Weiter ging die Richterin auf Eder selbst ein: Sofia G. habe von Eder selbst erfahren, dass er vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Gemäss Aussage der Mutter machte Eder auch sonst keinen «vertrauenserweckenden Eindruck». Die Richterin: «Eder ist ein Verschwörungstheoretiker. Das Risiko hier: Er hätte Noa falsche Pseudoerinnerungen einpflanzen können.»
Neben der Entführung wurde die Mutter auch wegen übler Nachrede, mehrfacher Beschimpfung, versuchter Nötigung sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte schuldig gesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
* Namen geändert