Carolina Schäfer (53) und ihr Mann Walter (57) aus Ziefen BL liegen mit teils schweren Verletzungen im Universitätsspital Basel. Die Raumpflegerin und der Pflegehelfer waren am Sonntag auf ihrer 125er-Vespa in Nuglar SO auf dem Heimweg von einem Ausflug, als kurz vor 17 Uhr plötzlich ein weisser Lieferwagen auf die Strasse rausfuhr.
«Wir waren mit den erlaubten 60 km/h unterwegs, und ich hatte keine Chance», sagt Walter Schäfer zu Blick. «Es gab innert Sekundenbruchteilen einen riesigen Knall.» Sie hätten nach dem Aufprall in die linke Seite des Wagens nicht mal mitgekriegt, wie sie durch die Luft flogen. «Wir lagen auf dem Boden und realisierten zuerst gar nicht, was passiert war», so Schäfer. «Aber eines wussten wir: Wir sahen gerade dem Tod ins Auge.» Dass sie den Unfall überlebt haben, hat für sie vor allem einen Grund. «Unsere verstorbene Tochter war unser Schutzengel.»
Tochter Nicole wurde gerade mal 14 Jahre alt
Dahinter steckt eine tragische Geschichte. Ihre Tochter Nicole Schäfer (†14) stürzte am 6. Oktober 2016 bei Wanderferien im österreichischen Silbertal in den Tod. Dies, weil ein Holzgeländer einbrach, an dem sich die Sekundarschülerin abgestützt hatte. Ihre Eltern und ihre Schwester Elisa (heute 17) mussten alles mitansehen.
Danach kämpften die Schäfers um Gerechtigkeit. Denn lange hiess es: Nicole sei, obwohl das Geländer morsch war, selber schuld gewesen. Bis im November 2021, als Walter Schäfer dem Blick sagte: «Wir haben auf dem zivilrechtlichen Weg recht erhalten. Jetzt steht endlich fest, dass Nicole nicht an ihrem Tod schuld ist.» Sie würden ihre Tochter spüren – «für immer».
«Sie hat uns vom Himmel herab beschützt»
Nicole hätten sie nun auch nach dem Unfall gespürt, sagt Schäfer. «Sie hat uns vom Himmel herab beschützt und wollte, dass wir noch auf der Erde bleiben.» Klar hätten sie auf dem Asphalt liegend Angst vor dem Tod und grosse Schmerzen gehabt und hätten sich nicht bewegen können. Aber: «Als wir nach der kurzen Totenstille unsere Stimmen hörten, wussten wir: Nicole ist bei uns.»
Dann sei der unverletzte Lieferwagenlenker zu ihnen gekommen. «Er sagte uns, dass die Ambulanz komme und wir uns nicht bewegen sollen», erinnert sich Schäfer. «Auch andere Menschen kamen sofort zu Hilfe. Das war beeindruckend.»
Das Ehepaar erlitt diverse Verletzungen
Walter Schäfer wurde mit einem Rega-Heli ins Spital geflogen. «Sie wussten nicht, ob ich einen Wirbel gebrochen hatte. Viele Töffunfälle enden ja auch mit einer Querschnittslähmung.»
Doch Schäfer kommt mit einer Fleischwunde am rechten Bein, gebrochenen Rippen und einer Schulterverletzung davon. Seine Frau wird mit einem Rettungswagen ins Spital gebraucht. «Ich habe auch Rippen gebrochen, acht Stück. Ich musste bereits operiert werden», sagt sie. Es habe die Gefahr bestanden, dass gebrochene Rippen in die Lungen geraten. Einzig ihr linker Arm sei noch gebrochen sowie ihre rechte Wade und das Schienbein.
Lieferwagenfahrer hat sich noch nicht entschuldigt
Laut Polizei dürfte der Lieferwagenlenker beim Einbiegen «den Motorradlenker übersehen» haben. «Wir haben von ihm noch keine Entschuldigung erhalten», sagt Schäfer. Er sei aber nicht wütend auf ihn. «Er hat sicher Menschenleben riskiert und wird wohl einen Schock haben.» Einen solchen habe auch Elisa gehabt, als sie vom Unfall hörte. «Es wäre das Schlimmste für sie gewesen, wenn sie nach ihrer Schwester auch noch ihre Eltern verloren hätte.»
Kurz darauf meldet sich Elisa per Handy-Video-Anruf bei den Eltern. «Geht es euch gut?», fragt sie – und schenkt ihnen ein Lächeln. Sie lächeln zurück: «Ja, es kommt alles gut.»