Sie retten, helfen, schützen: Tag und Nacht. Rund 85'000 Feuerwehrleute zählt die Schweiz – in den letzten Wochen waren sie besonders gefordert.
Einer von ihnen: Oliver Nöthiger (35) aus Vordemwald AG. Der Metallbauer ist dreifacher Familienvater. Doch für den zweiten stellvertretenden Feuerwehr-Kommandanten gibt es seit dem 24. Juni 2021 fast nur noch ein Thema: Hochwasser.
«Es kam an jenem Morgen heftig», erinnert sich Nöthiger. Er habe wegen des heftigen Regens um sechs Uhr früh vom Kommandanten einen Anruf erhalten, er solle ins Magazin kommen. Dort machte Nöthiger eine erste Fahrt zu einer Stelle, an der bereits Wasser überlief. Nach etwas über zehn Minuten wollte er zurück ins Magazin, um für diese Stelle Weiteres zu organisieren.
Ohne Vorwarnung trat der Bach über die Ufer
Nur: «Beim grossen Kreisel war Endstation», so Nöthiger, der seit 17 Jahren Feuerwehrmann ist. «Es war alles voller Wasser!» Grund: Die Pfaffnern, ein rund 15 Kilometer langer Bach, war innert Kürze übergelaufen und hatte sich ihren Weg in diverse Quartiere gesucht: «Ohne Vorwarnungen. So hatten wir das noch nie erlebt.»
Der Einsatz zog sich hin. «Von unserer 54-köpfigen Truppe waren rasch 42 vor Ort», lobt Nöthiger. Wichtig sei immer, ruhig zu bleiben. Auch gegenüber der Bevölkerung: «Panik würde auf sie übertragen!»
Unzählige Alarmmeldungen trafen ein. «Da muss man Prioritäten setzen», so der Feuerwehrmann. Bei den Einsätzen gilt: den Betroffenen vor Ort helfen, Wasser auspumpen «und Schlimmeres verhindern».
Nachbarn befreiten Anwohner aus Garage
Dennoch: «Es hat etliche Leute stark getroffen, und sie mussten viele Habseligkeiten wegschmeissen.» Es gäbe auch welche, die vorübergehend zu Bekannten gezogen seien, weil ihr Daheim so fest beschädigt sei. «Es gibt auch welche, die zurzeit in einem Hotel wohnen.»
In einem Fall sei es gar um Leben und Tod gegangen. «In einer Garage waren Menschen und das Wasser stieg und stieg», so Nöthiger. «Wenn nicht Nachbarn mit einem Beil gekommen wären und eine Tür aufgeschlagen hätten, hätte es schlimm enden können.»
Nun gelte es, die Situation zu beobachten. «Wir sind alle froh, wenn endlich wieder die Sonne scheint», sagt Nöthiger. Sind seine Leute noch fit? «Wir schauen, dass sich alle gut verpflegen und ein paar Stunden schlafen.» Das sei nicht immer einfach. «Feuerwehrleute sind ständig auf Draht. Man will halt helfen gehen.»
Die Bevölkerung belohnt den Einsatz
Gross sei der Dank aus der Bevölkerung. «Manchmal gibt es Chrömli, ein Fleischplättli, oder es wird für uns grilliert», freut sich Nöthiger. Vereinzelt gäbe es auch kritische Worte. Aber diese stecke man weg, und so was schweisse die Truppe noch mehr zusammen.
Der Schaden, den Nöthiger im eigenen Haus hatte, blieb lange unbemerkt. «Ich habe erst am 26. Juni gesehen, dass auch in meinen Keller Wasser lief», grinst er. Aber so seien halt Feuerwehrleute: «Wir denken zuerst an alle anderen.» Er hätte jetzt sogar Sommerferien, sei aber weiter im Einsatz. Dies mache seinen Liebsten nichts aus. Gerade weil er Feuerwehrmann mit Leib und Seele ist, «sind meine Frau und meine Kinder stolz auf mich».