Fünf Jahre sind seit dem Vierfachmord von Rupperswil AG vergangen. Fünf Jahre, in denen nach einer fieberhaften Fahndung Thomas Nick (37), der Mörder von Carla Schauer (†48), ihren Söhnen Dion (†19) und Davin (†13) und Dions Freundin Simona F.* (†21), verhaftet und verurteilt wurde. Trotzdem bleiben bis heute offene Fragen. Viel wurde spekuliert, wie die Ermittler dem Mörder auf die Schliche gekommen waren.
Am Montag schrieb die «Aargauer Zeitung»: Ein Antennensuchlauf, der bisher als entscheidendes Puzzlestück bei der Aufklärung der Rupperswil-Morde galt, war in Wahrheit nur ein Indiz von mehreren. Bei der teuren Fahndungsmethode wird ermittelt, welche Handys sich um den Tatzeitpunkt in die Sendemasten in der Nähe des Tatorts einklinkten. Zwar tauchte die Nummer des Mörders so tatsächlich auf, blieb aber eine einzige in einem Datenberg von etwa 30'000 Telefonnummern.
Mit Hilfe von Quellen, die mit dem Fall vertraut sind, enthüllt BLICK jetzt: Es waren diese drei entscheidende Schritte, die zur Verhaftung von Thomas Nick führten.
Google lieferte den ersten Hinweis
1. Schritt: Der erste wichtige Hinweis kam vom Internetgiganten Google. Die Fahnder hatten bei Google ein Gesuch gestellt, um die IP-Adressen von all jenen Computern zu erhalten, von denen aus in der Zeit vor der Tat nach der Opferfamilie gegoogelt wurde. Erst dank der Hilfe der US-Suchmaschine kam man auf die richtige Spur, heisst es aus Ermittlerkreisen. Nick hatte seine Opfer im Vorfeld ausgekundschaftet und informierte sich auch im Internet – er hinterliess dabei eine eindeutige Datenspur.
Als Google diese Daten herausgab, konzentrierte sich die Arbeit der Fahnder vor allem auf den Personenkreis, der nach der Familie im Internet gesucht hatte. Google selber nimmt zum Einzelfall keine Stellung, schreibt aber, dass es im halben Jahr nach der Tat fünf Anfragen aus der Schweiz gab. Zu welchen Fällen wird aber nicht kommuniziert.
2. Schritt: Erst ab hier kam in einem zweiten Schritt der Antennensuchlauf ins Spiel. Und der belastete Thomas Nick zusätzlich. Die Bewegungsmuster des arbeitslosen Hündelers waren normalerweise regelmässig: Thomas Nick ging mit seinen Hunden meistens zu mehr oder weniger derselben Zeit Gassi und spazierte dabei oft am Haus der Familie Schauer vorbei. Ausgerechnet am Tag der Tat verband sich sein Handy aber nicht mit dem üblichen Sendemasten. Thomas Nick war an jenem Montagmorgen nicht wie sonst immer Gassi gegangen. Der Mörder hatte am Prozess angegeben, sein Handy vor der Tat auf Flugmodus gestellt zu haben. Das veränderte Bewegungsmuster von Thomas Nick machte ihn für die Ermittler erst recht verdächtig und wurde so zum nächsten wichtigen Puzzleteil.
Die Polizei stellte dem Mörder eine Falle
Die Ermittler hatten damit einen Verdächtigen – aber keine harten Beweise. Sie beschlossen darum, ihm eine Falle zu stellen. Es war der dritte und letzte Schritt zur Aufklärung des Vierfachmordes.
3. Schritt: Laut Polizeiquelle wusste man, dass Nick auf dem Weg nach Aarau war und errichtete zwischen Rupperswil und Rohr AG eine Verkehrskontrolle. Man hielt Nick an, unterzog ihn einem Alkoholtest und liess ihn dafür ins Röhrchen blasen. So kamen die Ermittler an die DNA des Verdächtigen. Diese wurde unverzüglich ins Labor geschickt, wo sie mit der am Tatort gefundenen DNA abgeglichen wurde – Volltreffer!
Am nächsten Morgen erfolgte der Zugriff. Rund zehn Polizisten stürmten eine Starbucks-Filiale in Aarau, verhafteten den Mörder kurz vor 9 Uhr, genau 146 Tage nach den Morden. Thomas Nick hatte da schon wieder im Internet recherchiert und neue mögliche Opfer im Visier gehabt.
Am 16. März 2018 fällte das Bezirksgericht Lenzburg AG das Urteil: Wegen mehrfachen Mordes, Geiselnahme, sexueller Handlungen mit einem Kind, Brandstiftung und weiterer Delikte wurde Nick zu einer lebenslangen Haftstrafe plus einer ordentlichen Verwahrung verurteilt.
Die Aargauer Staatsanwaltschaft wollte sich auf Anfrage nicht dazu äussern. Wohl auch deshalb, um zukünftige Verbrecher nicht davon abzuhalten, ihre Spuren vor der Tat im Internet zu hinterlassen.
* Name bekannt