Die Prostitution ist hierzulande ein florierender Markt. Zwischen 550 und 600 Bordelle soll es in der Schweiz geben – die Inhaber von fünf davon finden sich momentan vor dem Bezirksgericht Kulm AG wieder. Die Angeklagten, eine 50-jährige Chinesin und ihr 59-jähriger Schweizer Partner, denen die Bordelle gehören, sowie eine 59-jährige Schweizerin, die als Sekretärin als Mittäterin gilt, sollen die Notlage chinesischer Sexarbeiterinnen ausgenützt haben.
Laut der aargauischen Staatsanwaltschaft waren die Prostituierten illegal in der Schweiz – was die Bordellinhaber zu kaschieren versuchten. Anstelle einer Aufenthaltsbewilligung besorgten sie ihnen ausländische Ausweise anderer Asiatinnen, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet. Damit hätten sie sich laut Anklage den Umstand zunutze gemacht, «dass es für Europäer schwierig ist, Asiaten optisch zu unterscheiden.»
Gefälschte Ausweise
Damit die Sexarbeiterinnen die Ausweise benutzen durften, mussten sie den Inhabern ein Depot von 2000 Franken und eine Monatsmiete von 600 bis 1000 Franken zahlen. Dazu kamen Abgaben in der Höhe von 40 Prozent ihrer Einnahmen – damit nahm das Betreiberpaar zwischen 2012 und 2017 rund 340'000 Franken ein.
Weiter seien die chinesischen Sexarbeiterinnen durch Kameras kontrolliert worden, wobei sie auch einem strengeren Reglement unterstanden als europäische Prostituierten.
«Wir machten Ausflüge mit ihnen»
Der 59-jährige Schweizer verweigert jegliche Aussagen – seine Partnerin beantwortet derweil alle Fragen. So wäre das Geld für die Ausweise immer an die eigentlichen Besitzerinnen gegangen. Diese wollten so Geld machen. In Hinsicht auf das Reglement beteuert sie, dass dieses von den Frauen selbst erstellt worden sei.
Die Sekretärin behauptet, von den gefälschten Ausweisen nichts gewusst zu habe. Die Sexarbeiterinnen seien aber stets gut behandelt worden. «Wir begleiteten sie zum Arzt, haben ihnen Medikamente gegeben oder machten Ausflüge mit ihnen.»
Milde Strafen
Die Verteidigerin entgegnete, dass die Anklage ein falsches Bild zeichne, nämlich «dass meine Klientin die Drahtzieherin illegaler Prostitution gewesen sei.» Da die Sexarbeiterinnen aber stets gut behandelt worden seien, wehrt sich die Verteidigerin gegen den Vorwurf der Ausbeutung. Auch die Kameras seien nur aus Sicherheitsgründen angebracht worden sein.
Aufgeflogen war die Angelegenheit, als die Polizei 2017 bei einer Routinekontrolle auf missbräuchlich verwendete Ausweise stiess – am Dienstagmorgen verkündete das Gericht das Urteil. Wegen Verjährung und Missachtung einiger Regeln zur Beweiserhebung fällt dieses nun mild aus: Die Chinesin wird zu einer 18-monatigen, bedingten Freiheitsstrafe verurteilt, bekommt aber keinen Landesverweis. Da ihrem Schweizer Partner keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden kann, bekommt er in diesem Fall keine Strafe. Wegen einiger Verkehrsdelikte muss er aber eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 100 Franken zahlen.
Die Sekretärin hat lange gutgläubig gehandelt – daher erhält sie eine bedingte Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 100 Franken. Wenn sie die nächsten zwei Jahre straffrei bleibt, muss sie die Strafe jedoch nicht bezahlen. (mgf/zun)