Die Woche wird für Nils Fiechter, Präsident der Jungen SVP, auch nicht besser. Am Samstag übten erneut knapp 30 aktive und ehemalige Mitglieder der JSVP in einem offenen Brief, den der «Nebelspalter» publizierte, scharfe Kritik an der Parteileitung der Jungpartei.
Was war passiert? Vor einer Woche hatte SonntagsBlick publik gemacht, dass Sarah Regez, Strategiechefin der JSVP, im Mai 2023 an einem Treffen mit Martin Sellner, Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, zum Thema «Remigration» teilgenommen hatte. Organisiert worden war das Treffen von der rechtsextremistischen Jungen Tat. Präsident Fiechter, der privat mit Regez liiert ist, sah darin kein Problem. Auch nicht, als am Dienstag sechs JSVP-Sektionen in einer gemeinsamen Mitteilung Regez’ Rücktritt forderten.
«Höchste Zeit» sich zu distanzieren
Unterzeichnet ist der neue Brief von 27 unter anderem aktiven und ehemaligen Mitgliedern der JSVP aus dem Aargau, Schaffhausen, Zürich, beider Basel, Thurgau, Graubünden, Waadt und Genf. Zu den Unterzeichnenden gehören mehrere Präsidenten von einzelnen Sektionen sowie auch der kantonale Präsident der SVP Basel-Stadt. Sie appellieren in ihrem Schreiben an Fiechter und Co., dass es «höchste Zeit sei» sich «klar» und «unmissverständlich» vom Rechtsextremismus zu distanzieren.
Die ersten Zeilen beginnen noch einigermassen versöhnlich: Man sei sich einig, dass die JSVP eine rechte Partei sei und von einer Jungpartei erwartet werde, pointierter zu formulieren als die Mutterpartei.
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Nach diesen «intensiven Tagen» sei man jedoch irritiert über die ausgebliebene klare Distanzierung von Rechtsextremismus durch die Parteileitung: «Ihr habt es nicht geschafft, euch deutlich von Gruppierungen abzugrenzen, die vom Nachrichtendienst unter ‹gewalttätigem Extremismus› kategorisiert werden. Stattdessen versuchtet ihr, Kantonalsektionen, die diesen Kurs nicht mittragen, zum Schweigen zu bringen.»
Reaktion auf Aargauer SVP-Tweet «sehr bezeichnend»
Die Unterzeichnenden glauben, dass eine einfache Mitteilung gereicht hätte, um die «Angelegenheit» zu beenden. Doch nun sähen sich «Tausende Mitglieder der JSVP» erneut mit dem Vorwurf konfrontiert, Teil einer Partei zu sein, die vor einer Allianz mit Rechtsextremisten nicht zurückschrecke.
Gemeint ist mit dieser Aussage auch ein Tweet der Aargauer JSVP, in dem sich diese mit dem Identitären Martin Sellner solidarisierte, der aufgrund eines geplanten Vortrags in Tegerfelden AG von der Polizei abgeführt worden war. Dass diese Solidaritätserklärung weder von der Aargauer Sektion noch von der nationalen Partei zurückgezogen wurde, sei «sehr bezeichnend».
Die überwiegende Mehrheit der JSVP-Mitglieder wolle nichts mit der Jungen Tat oder Extremisten zu tun haben. Die Junge Tat missachte demokratische Werte, organisiere illegale Aktionen, verbreite Nazi-Parolen und greife online jeden an, der nicht ihrer Meinung sei.
«Sind uns bewusst, dass dieser Brief auf wenig Gegenliebe stossen wird»
Eine Distanzierung erwarte man nicht nur inhaltlich, sondern auch personell: «Halbherzige Rechtfertigungen und die Zusammenarbeit mit Extremisten schaden der Partei erheblich.» Und weiter: Wer persönliche Ambitionen über das Wohl der Partei stelle, habe in einer verantwortungsvollen Position nichts zu suchen.
Obwohl nicht namentlich genannt, ist klar, wer damit gemeint ist: Strategiechefin Regez. Ihr wird vorgeworfen, mit bewusst provozierenden Aussagen gezielt die eigene Karriere vor das Wohl der Partei zu stellen.
Ob der Brief Fiechter und Regez von ihrer Haltung abbringen wird? Unwahrscheinlich, vermuten selbst die Verfasser: «Wir sind uns bewusst, dass dieser Brief bei euch auf wenig Gegenliebe stossen wird.»
Eine Rückmeldung von offizieller Seite habe man bis anhin noch keine erhalten, heisst es von den Unterzeichnenden.