Die Rechnung ist einfach: Je kälter der Winter, desto mehr Strom und Gas braucht es. In Zeiten einer drohenden Energiekrise könnte das Wetter zum entscheidenden Faktor werden, ob wir frieren müssen oder nicht. Die US-Wetterbehörde National Centers for Environmental Prediction (NCEP) macht Hoffnung, wie die «SonntagsZeitung» schreibt.
Was haben alle Wetterprognosen gemeinsam? Sie beschreiben mögliche Zukunftsszenarien. Keine Fakten. Deshalb ist auch die Prognose der NCEP mit Vorsicht zu geniessen. Insbesondere, weil Mitteleuropa als wettertechnisch komplex gilt. Gemäss der US-Wetterbehörde kommt ein milder Herbst sowie Winter auf die Schweiz zu. Damit dürften unter anderem Gasheizungen und Wärmepumpen entlastet werden. Sie machen in durchschnittlichen Wintern 20 Prozent des gesamten Energiebedarfs aus.
Ein milder Winter oder zusätzlich Strom für 690'000 Haushalte?
Bei der NCEP handelt es sich um das gleiche Institut, das im Frühling einen heissen und trockenen Sommer prognostiziert hatte, was auch eingetreten ist. Auch der deutsche Wetterdienst rechnet derzeit mit eher milden Temperaturen für Mitteleuropa im kommenden Winter. Vier weitere Forschungsinstitute, die Langzeitprognosen erstellen, sind weniger optimistisch. Von einer starken Kältewelle geht aber niemand aus.
Eine Statistik in der «SonntagsZeitung» verdeutlicht die Stromfolgen eines kalten Winters. Im Vergleich zu einem milden Winter bräuchten wir in den Monaten Dezember, Januar und Februar zusätzlich so viel Strom, wie 690’000 Haushalte in einem ganzen Jahr benötigten. Zur Verdeutlichung: Mildes Wetter im Winter bedeutet, dass die Temperaturen zwischen einem und fünf Grad Celsius liegen. Alles darüber gilt als «sehr mild», alles darunter als kalt bis sehr kalt.
Kommt der nötige Regen?
Aus Schweizer Sicht lohnt es sich, die Wintertemperaturen in Deutschland im Auge zu behalten. Wenn unsere nördlichen Nachbarn weniger heizen, erhöhen sich die Chancen, dass ein Teil der überschüssigen Energie in die Schweiz fliesst. Weil Russlands Präsident Wladimir Putin (69) den Deutschen den Gashahn zugedreht hatte, werden diese aber sehr bedacht mit ihrem Gas umgehen. Wie viel Energie Frankreich liefern kann, ist zurzeit noch unklar. Dies hängt vom Zeitpunkt der Fertigstellung der sich derzeit in Sanierung befindenden Atomkraftwerke ab.
Was sicher ist: Ein regnerischer Herbst würde unserer eigenen Stromproduktion guttun. Derzeit sind die Stauseen nur zu knapp 83 Prozent gefüllt. In den letzten zehn Jahren war Mitte September nur einmal weniger Wasser in den Speicherseen als im laufenden Jahr. Insbesondere im Tessin fehlt das Wasser. Die Seen sind nur zu 58 Prozent gefüllt.
Optimismus aus den USA
Die Prognosen des deutschen Wetterdienstes machen bezüglich Regen wenig Hoffnung. Er sagt für die Schweiz einen leicht zu trockenen Herbst voraus. Viele andere internationalen Wetterinstitute trauen sich diesbezüglich noch keine Prognose zu. Wiederum am optimistischen tönt es aus den USA. Sie sehen für die Schweiz zwischen Oktober und Dezember einen ganz leichten Trend zu überdurchschnittlich hohen Niederschlagsmengen.
Die Wetterlage und Putin. Zu einem grossen Teil liegt unser Wintererlebnis in ihren Händen. (nab)