«Ein Mann muss nicht nur stark sein und Fussball spielen»
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Männer im Rock in Zürich:«Ein Mann muss nicht nur stark sein und Fussball spielen»

Männlichkeit hinterfragen
Männerrock-Parade auf dem Paradeplatz

Am Mittwochmorgen versammelten sich junge Männer vor der Arbeit auf dem Paradeplatz – im Rock. Sie wollten so ein Zeichen setzen und die klassische Männlichkeit infrage stellen.
Publiziert: 05.04.2023 um 15:30 Uhr
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Aktualisiert: 05.04.2023 um 16:14 Uhr
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Rund 60 Männer waren am Mittwochmorgen im Rock auf dem Paradeplatz.
Foto: Nathalie Taiana
Thomas Müller

Es ist 7.30 Uhr auf dem Zürcher Paradeplatz. Trotz der Kälte treffen sich rund 60 Männer beim grossen Brunnen vor dem Luxushotel Baur en Ville zu Kaffee und Gipfeli. Aussergewöhnlich: Alle tragen Röcke.

«Das ist keine Kundgebung», sagt Sasha Rosenstein (27) vom Verein Die Feministen wenig später vor der versammelten Menge in ein Mikrofon. Der Verein hat den Anlass unter dem Motto «Rethink Masculinity Day» organisiert.

Vor allem junge Männer

Es geht darum, Fragen aufzuwerfen. Etwa: Wann ist ein Mann ein Mann? Sind Männer in Röcken weniger echte Männer? «Gemeinsam möchten wir aufzeigen, wie fragil traditionelle Männlichkeit ist und wie Männlichkeit vielfältig gelebt werden kann», schreibt der Verein auf der Webseite.

Auf Interesse scheint der Anlass vor allem bei jüngeren Männern zu stossen. Die Teilnehmer sind fast ausnahmslos zwischen 20 und Mitte 30. Weitaus unterschiedlicher sind die Röcke. Teils lang, teils kurz, mit verschiedensten Mustern. Ein Teil davon wurde extra am Samstag an einem Vorbereitungsevent genäht.

Verschiedenste Röcke

Die Temperatur beträgt 2 Grad und die Sonne hat den Paradeplatz noch nicht erreicht. Sie hätten aber nicht so kalt, versichern Lugi (30) und Benjamin (33), dank Leggings und Thermohose unter dem Rock. Benjamin arbeitet mit jungen Erwachsenen, die teils traumatisiert sind. Deshalb werde er nicht im Rock zur Arbeit gehen. Er befürchtet, sie wären überfordert.

Lulu (34) trägt seinen Rock mit Pop-Art-Muster zum ersten Mal, hat ihn aber schon seit einem Jahr. Er sei aber nicht aus der Verkleidungskiste. Er trägt ihn auch nicht nur, um ein Zeichen zu setzen. «Ich finde es einfach nice», sagt der bärtige Kerl im fluffigen Mantel.

Ganz ohne Leggins oder Thermowäsche trägt Jan (25) den kürzesten Rock auf dem Platz. Es sei schon kalt, gibt er zu. Aber unangenehm sei der Hinweg nicht gewesen. Ausser ein paar Blicken habe er nichts bemerkt. «Ich hatte aber auch die Kopfhörer auf», lacht er.

Alle Jahre wieder

Ursprünglich hoffte man auf hundert Teilnehmer. Dennoch wertet Sasha Rosenstein den Anlass als Erfolg. Die Feministen hoffen, aus diesem «Rethink Masculinity Day» einen jährlichen Anlass zu machen. Eigentlich sei das Ganze schon vor Corona geplant gewesen. Jetzt hat es endlich geklappt.

Nach einem gemeinsamen Foto löst sich die Gruppe langsam auf. Gemacht wurde das Foto vor dem Sprüngli. In der anderen Richtung ist der Hauptsitz der Credit Suisse. «Damit möchten wir nichts zu tun haben», lautet die Begründung für die Fotoausrichtung. Alle lachen. Den typischen Bankern im Anzug fühlt sich hier wohl niemand verbunden.

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