Ende Januar drängte der Uno-Menschenrechtsrat die Schweiz dazu, einen nationalen Aktionsplan gegen rassistische Diskriminierung und Massnahmen gegen rassistisches Profiling durch die Polizei zu etablieren. Das untermauert nun eine aktuelle Befragung, die das Bundesamt für Statistik (BFS) im Auftrag der Fachstelle für Rassismusbekämpfung (FRB) und des Staatssekretariats für Migration durchgeführt hat. Die Erhebung mit 3000 Personen von 2022 zeigt: Jeder Dritte in der Schweiz hat Diskriminierung oder Gewalt erlebt, meistens aus rassistischen Gründen.
Weitere Ergebnisse sind: Rund die Hälfte wurde wegen der Nationalität diskriminiert, bei rund jeder fünften und sechsten Person waren die Hautfarbe, Religion, ethnische Herkunft und körperliche Merkmale wie zum Beispiel Gewicht der Grund für die Diskriminierung. Generell: Bei Menschen mit Migrationshintergrund haben 40 Prozent Diskriminierung erfahren. Die aktuellen Ergebnisse bestätigen die bisherigen Trends, die bereits die vergangenen Befragungen im Rahmen von «Zusammenleben in der Schweiz» andeuteten. Mit einer Ausnahme.
Es braucht mehr Jugendarbeit
Die Situation bei den Jungen überrascht die Fachleute. 54 Prozent der 15- bis 24-Jährigen haben angegeben, Diskriminierung und Gewalt erlebt zu haben – das sind sechs Prozent mehr als vor zwei Jahren. Die FRB-Leiterin Marianne Helfer sagt: «Das ist besorgniserregend.» Sieht darin aber auch etwas Positives: Es sei ein gutes Zeichen, dass diese Altersgruppe solche Erfahrungen auch als diskriminierend wahrnehme und hoffentlich darauf reagieren könne.
Ob Diskriminierung effektiv zugenommen hat, ist offen. Die Fachstelle geht davon aus, dass die Gesellschaft sensibilisierter für das Thema ist. Bei der Gewalt ist der Fall eindeutiger: Seit 2015 hat die Jugendgewalt in Form von Delikten um ein Drittel zugenommen. Der Delinquenzforscher Dirk Baier von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften hat sich über die Gründe Gedanken gemacht. Er ortet bei der gewalttätigen Minderheit eine «Krise der Männlichkeit». Er sagt: «Männliche Körperlichkeit, aggressive Selbstdurchsetzung sind wieder in.» Manche hätten es verlernt, Konflikte ohne Gewalt zu lösen. Eine mögliche Ursache dafür: In den sozialen Medien seien Vorbilder wie Gangster-Rapper präsent, deren Verhalten Jugendlichen nachahmenswert erscheinen.
Baier sieht eine Lösung in einer verstärkten Arbeit mit Jugendlichen. Er sagt: «Massnahmen, die Empathie, Perspektivenübernahme, Selbstkontrolle fördern, helfen sowohl Gewalt als auch Diskriminierung zu bekämpfen.» Manche Schulen engagierten sich bereits.