Luzerner Multimillionär vor Gericht
Ein Luxusleben – auf Pump

Ein Mann zahlt seiner Noch-Ehefrau über 10'000 Franken Unterhalt im Monat. Das ist nicht genug. Einblick in das Leben eines Multimillionärs.
Publiziert: 02.07.2024 um 10:44 Uhr
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Aktualisiert: 02.07.2024 um 10:52 Uhr
Das Band zwischen den Eheleuten ist zerrissen – nun geht es um Unterhalt statt Champagner.
Foto: Lucy Kägi
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Lena Berger
Beobachter

Eine Luxusvilla mit Seeblick, umgeben von fast 3000 Quadratmetern Garten. Den Winter verbringt man bei den Reichen und Schönen in St. Moritz, im Sommer zahlt man 45'000 Franken für ein paar Wochen in einer Residenz auf Sardinien. 

Es muss ein schönes Leben sein, das Dunja und Arnold Häfliger zu jener Zeit führen. Mit ihren beiden Töchtern sind sie nach aussen hin eine Vorzeigefamilie. Nur: Hinter den hohen Hecken sieht es anders aus. 

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Vorwurf: Gestörte Nachtruhe und Schläge

Arnold Häfliger schläft angeblich kaum noch. Seine Frau weckt ihn stündlich jede Nacht. Um ihn zu quälen. Sagt er, wenn er auf die letzten gemeinsamen Monate in der Villa zurückblickt. Dunja Häfliger hat blaue Flecke. Ihr Mann schlägt zu. Sagt sie.

2017 trennen sich die beiden, deren richtige Namen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes hier nicht genannt werden. Es ist der Beginn eines Trennungskriegs, der Arnold Häfliger sogar auf die Anklagebank des Luzerner Kantonsgerichts bringt.

«Ich habe viel zu tun», sagt er trotzig

Von dort wünscht er sich an diesem Vormittag im März nur noch weg. Er wäre lieber nicht hier, wo eine Schulklasse ihn anstarrt, als wäre er ein Krimineller. Zwei Richter und eine Richterin thronen über ihm. Diese Art von Machtdemonstration scheint er nicht gewohnt.

«Ich habe viel zu tun», sagt er trotzig auf die erste Frage der Richterin. «Mein Fokus liegt nicht bei dem, was wir heute bereden, sondern bei meinem Unternehmen.» Man glaubt, die Gedanken zu hören, die durch seinen Kopf schiessen. «Kontrolle behalten»; «Distanz schaffen»; «Mich behandelt man nicht wie jeden anderen». 

27'350 Franken Unterhalt im Monat, sagt das Gericht

Arnold Häfliger trägt einen Anzug, der ein bisschen zu gross ist. Die Hosen schlackern um seine Beine. Die Haare sind mit Pomade zurückgekämmt. Als wäre er ein junger Italiener auf dem Weg zum Strand – und nicht über 60 und auf der Anklagebank. 

Die Staatsanwaltschaft sagt, Häfliger habe seine Unterhaltspflicht vernachlässigt. Dazu muss man wissen: Er hat seiner Nochehefrau stolze 11'000 Franken im Monat gezahlt. Für sie und die Kinder. Nur: Das reicht bei weitem nicht.

Das Kantonsgericht hatte nämlich entschieden, dass Arnold Häfliger allein für Dunja Häfliger 16'700 Franken zahlen muss. Für die beiden Töchter waren noch mal 6450 und 4200 Franken Kinderalimente fällig. Macht summa summarum: 27'350 Franken im Monat. 

Das sind Beträge, die «jenseits von Botanik sind», schimpft Häfliger. Er hat seiner Frau eine eigene Firma geschenkt. Und Liegenschaften in Russland. Wieso kommt sie nicht selbst für ihren Unterhalt auf? 

Hoher Lebensstandard heisst hoher Unterhalt

Häfliger verdient durchschnittlich knapp 30'000 Franken im Monat. Als Geschäftsleiter des Grossunternehmens, das ihm gehört. Wie unfair, dass er über 90 Prozent davon an seine Ex abgeben muss. Könnte man denken. Doch schuld daran ist er selbst. 

Arnold Häfliger hatte dem Zivilgericht partout nicht vollen Einblick in seine Finanzen geben wollen. Immer wieder verwies er auf die Steuererklärung, die bei einem Unternehmer wie ihm «hinderzi und fürderzi» geprüft werde. Und es stimmt: In der Steuererklärung weist er tatsächlich ein Einkommen von «nur» 30'000 Franken aus. 

Das Problem: Wenn eine Frau bei der Familiengründung ihren Beruf aufgegeben hat – wie seinerzeit Dunja Häfliger –, wird der Unterhalt bei der Trennung nach dem zuletzt gelebten Standard berechnet. Und der war aussergewöhnlich hoch. Allein für die Ferien forderte Dunja monatlich 15’000 Franken. Schliesslich will man auch in Zukunft wieder nach Sardinien.

Da muss mehr Geld vorhanden sein, sagen die Gerichte

Arnold Häfliger muss also weitere Einkünfte haben, von denen die Justiz nichts wissen soll. Davon sind alle Gerichte überzeugt, die sich bisher mit dem Fall beschäftigt haben. Wie sonst hätte er das Jetset-Leben der Familie finanzieren sollen? Denn ausgegeben haben Arnold und Dunja Häfliger immer viel. Sehr viel. Gut und gern 70’000 Franken im Monat.

Das Zauberwort heisst Aktionärsdarlehen. Laut Gerichtsunterlagen soll sich Arnold Häfliger – Stand 2017 – insgesamt über acht Millionen Franken von seinen Firmen «geliehen» haben. Häfliger sagt, er habe ein Leben auf Pump gelebt. Nur vermuten die Gerichte, dass er die Mittel, die er aus seinen Firmen bezog, bloss als Darlehen getarnt hat. Sprich: nie vorhatte, sie zurückzuzahlen.

Der Steuertrick funktionierte – dann kam die Pandemie

Wer sollte das Geld von ihm, dem Firmenbesitzer, denn auch einfordern? Und ausserdem: Ein verhältnismässig normales Einkommen und noch dazu Schulden von gut acht Millionen Franken – so was spart Steuern. Das Luzerner Kantonsgericht geht von mehreren Zehntausend Franken aus, die dem Staat so entgangen sind. 

Der Steuertrick von Arnold Häfliger funktionierte. Bis die Pandemie kam. Da gerieten seine Unternehmen ins Schlingern. Der Staat half zwar mit Covid-Krediten aus. Die hatten aber einen Haken, an dem Häfliger nun zappelt: Bedingung für die staatliche Überbrückungshilfe war nämlich, dass keine Aktionärsdarlehen gewährt werden. 

Nun musste Häfliger sich entscheiden. Sollte er sich als Chef jetzt mehr Lohn auszahlen – was in Kombination mit den beantragten Covid-Krediten ein seltsames Signal gewesen wäre? Oder seiner von ihm getrennten Frau weniger Unterhalt zahlen, als ihr eigentlich zustehen würde? Er wählte Option zwei. 

Dabei hätte er – davon jedenfalls ist die Staatsanwaltschaft überzeugt – diesen Trick mit den Darlehen gar nicht nötig gehabt. Er hätte den Unterhalt auch sonst zahlen können, und zwar in vollem Umfang. Schliesslich schränkte er seinen Lebensstil keineswegs ein. Nach der Trennung von Dunja Häfliger – die beiden sind seit über 20 Jahren verheiratet – verbrachte er mit seiner neuen Freundin regelmässig «teuerste Luxusferien an den schönsten Orten der Welt». Das beklagte seine Nochehefrau im Zuge des Trennungsverfahrens. Die Neue sei fast 40 Jahre jünger als er.

«Haben Sie eine Partnerin?»

Mit dem Beobachter direkt sprechen wollte Dunja Häfliger nicht. Über ihre Anwältin lässt sie aber ausrichten, dass sie die Vorwürfe ihres Mannes bestreitet, wonach sie ihn in den letzten Monaten ihrer Beziehung nachts aus Boshaftigkeit geweckt habe.

«Haben Sie eine Partnerin?», will die Richterin von Arnold Häfliger wissen. «Das haben Sie mich schon gefragt», mault er. Gerade hat der Unternehmer ausgesagt, dass er inzwischen allein mit seiner Haushälterin in einer repräsentativen Villa in Zürich lebt.

Ihm widerstrebt es sichtlich, die Fragen der Richterin zu beantworten. Er ist einsilbig. Nur wenn es um seine Ex geht, sprudeln die Worte aus seinem Mund. Unschöne, unfreundliche Worte. «Meine Frau hat meine Töchter als Waffen benutzt, wie es üblich ist bei Frauen», sagt er. «Ich sitze hier, weil auch meine Töchter mich angeklagt haben. Das Verhältnis ist komplett zerrüttet.» Wenn er ihnen schreibe, müsse er immer tagelang warten, bis er eine Antwort bekomme. Nur wenn seine Nochehefrau ein Problem habe, werde er kontaktiert. «Ich bin der Bancomat.» Dunja Häfliger bestreitet das.

Auch über die Anwältin seiner Nochehefrau zieht er gern her. «Sie hat alles gemacht, um mich zu schikanieren», jammert er. «Sie versuchte, zu konstruieren, ich hätte meine Frau geschlagen, was absolut nicht der Fall ist. Sie hat versucht, mich unter Druck zu setzen. Sie schiesst auf allen Ebenen.»

«Meine Frau gab mir die Hand drauf»

Er macht die Anwältin für den ganzen Schlamassel verantwortlich. Sie sei es gewesen, die einer gütlichen Einigung im Weg gestanden habe. «Wir hatten es gut miteinander, wir haben uns getrennt, wir hatten eine Lösung, meine Frau gab mir die Hand drauf. Dann ging sie zur Anwältin, die sagte, das geht nicht», so Häfliger. Seither streiten sie vor Gericht.

Arnold Häfliger muss das alles wie ein Déjà-vu der unangenehmen Art vorkommen. Denn schon einmal hat seine Familie wegen eines Rechtsstreits einen riesigen Verlust erlitten. Um die Frage, wer das mehrere Hundert Millionen Umsatz schwere Familienimperium führen soll, wurde vor Jahren erbittert gekämpft.

Als Häfliger das Ruder schliesslich übernehmen konnte, war es schon zu spät. Die Auseinandersetzungen hatten eine seiner grössten Firmen derart geschwächt, dass sie in Konkurs ging. Hunderte von Menschen verloren ihren Job. Weil die Häfligers nicht aufhören konnten, zu streiten.

Die Verhandlung sei «eine Farce»

Arnold Häfliger lebt für seine Firmen. Jede Woche ist er angeblich 30 Stunden unterwegs, um die verschiedenen Filialen zu besuchen. Dabei wäre er eigentlich längst pensioniert.

«Ich fühle mich ungerecht behandelt», sagt er – er arbeite von morgens bis abends, um Unterhalt zu zahlen, der jenseits von Gut und Böse sei. «Ich glaube, ehrlich gesagt, ich war immer ein guter Vater und ein guter Ehemann, bis es nicht mehr ging.» Er sei bereit, seiner Unterhaltspflicht nachzukommen. «Aber es hat alles ein Mass.» Die Gerichtsverhandlung sei eine Farce, meint er. Man wolle ihn fertigmachen. 

Am Ende eine bedingte Geldstrafe

Geld mag die Welt verändern. Aber seine Probleme ist Arnold Häfliger damit nicht losgeworden. Im Gegenteil. Und er wird auch nicht anders behandelt. Das Kantonsgericht verurteilt ihn schliesslich zu einer bedingten Geldstrafe. Wenn er den Unterhalt erneut schuldig bleibt, würden 60 Tagessätze zu je 850 Franken fällig. Also 51'000 Franken. 

Dass es so weit kommt, ist unwahrscheinlich. Häfliger hat seine Unterhaltsschulden in der Zwischenzeit bezahlt. Aus einem Erbe, wie er sagt. Immerhin ein kleiner Trost: Das Gericht geht bei der Bemessung der Strafe von dem Einkommen aus, das er in der Steuererklärung ausgewiesen hat – ohne «Geldzuflüsse unbekannter Herkunft». 

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