Nie wieder Smalltalk.» Mit diesem Versprechen werben die Erfinder des Cupidbot für ihren KI-Kuppler. Aber kann künstliche Intelligenz tatsächlich den Smalltalk ersetzen? SonntagsBlick bat Aleksandra Gnach um ihre Einschätzung. Die 51-Jährige doziert und forscht im Departement Angewandte Linguistik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).
Laut Gnach ist Smalltalk eine Art von sozialer Erkundung: «Im Gespräch findet man durch umsichtiges Fragen vieles über Werte und Einstellungen der anderen Person heraus – über welche Themen lässt sich leicht reden, und wo hält sich das Gegenüber eher bedeckt?»
Neben konkreten Informationen liefert Smalltalk auch Erkenntnisse zwischen den Zeilen: Wie gut kann der Gesprächspartner zuhören? Wie belesen ist er, wie drückt sie sich aus? Kurzum: Über den Smalltalk tastet sich der Mensch an unbekannte andere heran.
Der Chatbot jedoch geht nicht nach dieser Devise vor: Statt sich heranzutasten, beginnt er gleich mit der Analyse – und betrachtet den «Match» auf der Dating-App aus taktischer Sicht. Gnach erklärt: «Das Ziel des Chatbots ist, dem Gesprächspartner Antworten zu geben, die gefallen.» Dies sei zur Vereinbarung eines Dates zwar erfolgversprechend, aber: «Beim physischen Treffen kommt man nicht um den Smalltalk herum. Denn ohne das Herantasten wissen wir nicht, worüber wir reden sollen, wo die Fettnäpfchen sind und ob uns das Gegenüber überhaupt sympathisch ist.» l Erika Unternährer