Kollabieren die Spitäler wegen verletzten Wintersportlern?
1:08
Wegen Corona schon am Limit:Kollabieren die Spitäler wegen verletzten Wintersportlern?

Kapazitäten sind wegen Corona ohnehin schon knapp
Kollabieren die Spitäler wegen verletzten Wintersportlern?

Die Schweiz will die Skigebiete trotz Corona nicht schliessen. Die Branche versichert, gut vorbereitet zu sein. Das Infektionsrisiko sei gering. Doch was ist mit Wintersportlern, die sich auf der Piste verletzen? Eine zusätzliche Belastung für unsere Spitäler.
Publiziert: 04.12.2020 um 01:22 Uhr
|
Aktualisiert: 04.12.2020 um 11:24 Uhr
1/18
Um den Wintersport ist ein Streit entfacht.
Foto: Keystone
Johannes Hillig

Lockerer Pulverschnee unter dem Ski, Panoramablick über die Berge und die Sonne im Nacken. Dieses Gefühl will sich die Schweiz nicht verbieten lassen. Die Pisten sollen offen bleiben – irgendwie! Obwohl unsere Nachbarn die Wintersaison erst mal auf Eis legen: Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien machen Skifans einen Strich durch die Rechnung. Auch die Schweiz soll mitziehen, weigert sich aber. Noch gibt man sich zuversichtlich. Man sei bestens gerüstet. Das Rezept: Rigorose Maskenpflicht, strenge Abstandsregeln.

«Intensivstationen sind weiterhin ausserordentlich stark gefordert»

Klingt erst mal gut. Aber so manche Abfahrt endet nicht im Hotel, sondern im Spital. Jährlich verletzen sich laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) auf Schweizer Pisten insgesamt rund 76'000 Ski- und Snowboardfahrer. «Davon wohnen rund 19'000 im Ausland, 57'000 in der Schweiz», so BfU-Sprecher Marc Kipfer zu BLICK.

Meist handelt es sich nur um Verstauchungen, Zerrungen und Prellungen. Auch Knochenbrüche oder noch schlimmere Verletzungen sind darunter. Wie viele Verletzte am Ende im Spital landen, ist nicht klar. Konkrete Zahlen dazu gibt es nicht. Nur so viel: 41 Prozent der Wintersportunfälle haben Taggeldleistungen zur Folge. «Sie sind demnach mit mehr als zwei bis drei Tagen Arbeitsausfall verbunden», so Suva-Sprecherin Natascha Obermayr.

Fakt ist: Die Spitäler sind schon jetzt am Anschlag – auch ohne Wintersport-Verletzte. «Die Intensivstationen der Schweiz sind weiterhin ausserordentlich stark gefordert», teilte die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) am Mittwoch mit. Daher sollte die Bevölkerung unnötige Risiken vermeiden. Das Horror-Szenario: Volles Haus wegen verletzter Wintersportler.

BAG rät zur Vorsicht auf der Piste

Die Spitäler in den betroffenen Skiregionen geben sich optimistisch – auch das Kantonsspital Graubünden. Man sei auf die Wintersaison gut vorbereitet. Unter anderem wurde das Personal aufgestockt.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sieht bislang noch keinen Grund, die Pisten komplett zu schliessen. Dennoch rät Virginie Masserey, Leiterin der Sektion Infektionskontrolle: «Vorsichtig sein, um keinen Unfall zu haben und damit keine Überbelastung in den Spitälern auszulösen.» Ein Appell an die Wintersportler, diese Saison ausfallen zu lassen, ist das aber nicht.

Schweiz hätte das Risiko nicht eingehen sollen

Doch nicht alle sind Wintersportfans. «Aus rein epidemiologischer Sicht hätte ich es vorgezogen, wenn die Schweiz in dieser Situation dieses Risiko nicht eingegangen wäre», sagt der Tessiner Epidemiologe Andreas Cerny zu BLICK.

Noch ist nicht klar, wie die Wintersaison über die Ferientage ablaufen wird. Gesundheitsminister Alain Berset will einen Grossandrang auf die Pisten verhindern und den Zugang streng reglementieren. Es wäre eine Möglichkeit, die Spitäler zu entlasten. Doch die Bergbahnen wehren sich gegen den verordneten Beschränkungsplan. Der Ski-Zoff ist noch längst kein Schnee von gestern.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?