Die Twittergemeinde ist entsetzt über das gestrige Blaskonzert im Bundeshaus von Carlo Brunner (65) und drei weiteren Musikern. Zu Ehren des neuen Ständeratspräsidenten Alex Kuprecht (62) sorgte die Ländlerkapelle nicht nur für heimische Klänge, sondern auch für rote Köpfe, wie Blick.ch berichtete.
Unsanfte Töne kommen nun auch von Volksmusiklegende Sepp Trütsch (71). Der Schwyzer fand schon für das Jodel-Musical «Uf immer und ewig», das Ende September zum Superspreader-Event für internationale Schlagzeilen sorgte, klare Worte. «Es ist einfach nicht Zeit für Grossanlässe», mahnte er da. Nachdem darüber sogar die «New York Times» berichtete, sagt er heute: «Plötzlich waren wir international die Tubel aus der Schweiz. Das hat wehgetan, aber auch vielen hier die Augen geöffnet, sich komplett an die Corona-Schutzmassnahmen zu halten.»
Solche Aktionen machen uns unglaubwürdig
Nach Brunners musikalischem Auftritt vom Montag sieht er die gleichen Schlagzeilen auf uns zukommen. «Das Blaskonzert ist ein Skandal. Wie kann es sein, dass in Kirchen nicht musiziert werden darf, aber im Bundeshaus schon?», enerviert sich Trütsch und ergänzt: «Wir Schwyzer haben Freude an Alex Kuprecht. Doch auch für ihn und alle anderen Politiker gelten die gleichen Vorschriften wie für alle anderen, sie müssen Vorbilder sein.» Allen werde geraten, nicht um Leute herum zu singen und schon gar nicht Blasinstrumente zu spielen, um die Verbreitung des Coronavirus nicht zu fördern. «Also bitte, was soll das nun? Wir werden mit solchen Aktionen total unglaubwürdig», wettert er weiter.
Carlo Brunner war telefonisch nicht erreichbar. Per Whatsapp schreibt er BLICK: «Ich möchte nichts hören und sagen, ich bin einfach nur traurig.» Das Länderkonzert wurde speziell auf Wunsch von Ständeratspräsident Alex Kuprecht durchgeführt. Der verteidigte die Entscheidung zu «BLICK»: «Die Corona-Regeln waren jederzeit eingehalten. Der Abstand von den Musikern betrug mehr als drei Meter.»
«Unverantwortlich und unsolidarisch»
Trotzdem: Trütsch ist nicht der Einzige, den das Konzert stört. Neben zahlreichen Negativ-Kommentaren auf Twitter gibt es auch vereinzelte Politiker, die keine Freude an Brunners Auftritt haben. «Statt Blasmusik und Party besser impfen gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen», kommentiert etwa die Baselbieter SP-Nationalrätin Samira Marti (26) via Twitter. Und ihr Zürcher Parteikollege Fabian Molina (30) hält die Aktion für «unverantwortlich und unsolidarisch».
Ansonsten zeigen sich die Parlamentarier diplomatisch zurückhaltend. Viele wollen sich gar nicht erst äussern. Immerhin hat am Dienstagmorgen mit dem Geburtstagsständchen für SVP-Bundesrat Ueli Maurer (70) ja auch der Nationalrat über die Corona-Stränge geschlagen. «Ich hätte das Blasmusik-Konzert nicht gemacht», findet ein SVP-Parlamentarier. Aber er könne sich da ja nicht dazu äussern, «schliesslich war es einer von uns». Andere sprechen von Pragmatismus und «Sturm im Wasserglas».
«Jener, der das Konzert verantwortet, hat sich sicher seine Gedanken dazu gemacht», findet der Zürcher EVP-Nationalrat Nik Gugger (50). Im Kanton Zürich sei Singen in den Kirchen auch möglich, «warum dann kein kleines Konzert in diesen heiligen Hallen?»
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