«Ober-Birrenweich!»
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60 von 92 Passagiere positiv:«Diese Schifffahrt hätte nicht stattfinden dürfen»

Volksmusik-Flussfahrt als Superspreader-Event
«Diese Schifffahrt hätte nicht stattfinden dürfen»

Sie tanzten, sangen und genossen eine Fahrt auf dem Main und der Donau. Jetzt befindet sich der grösste Teil der Flussschifffahrtsteilnehmer in Isolation. Über die Hälfte wurde positiv aufs Coronavirus getestet. Darunter auch Sängerin Monique.
Publiziert: 26.10.2020 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2020 um 11:35 Uhr
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Auf der Musikflussfahrt von Passau nach Frankfurt am Main auf der MS Swiss Crystal haben sich rund 60 der 92 Passagiere mit dem Coronavirus infiziert. Darunter auch Sängerin Monique (unten Mitte, in weiss)
Foto: Zvg
Michel Imhof und Ralph Donghi

Diese Reise auf der MS Swiss Crystal werden sie noch lange in Erinnerung behalten: 92 Teilnehmer, mehrheitlich aus der Schweiz, tuckerten vom 10. bis 17. Oktober auf einer Flussfahrt von Passau (D) nach Frankfurt am Main (D). Sie genossen Volksmusik- und Schlager-Konzerte, machten Landausflüge und entspannten sich auf dem Main und der Donau. Jetzt befinden sie sich in Isolation oder Quarantäne. «Mittlerweile wurden rund 60 der 92 Passagiere positiv auf Corona getestet», sagt Organisator Hanspeter Balsiger (67).

Mit auf dem Boot war Schlagerstar Monique (43), die sogar ihren Geburtstag auf der Reise feierte. Einen Tag nach der Rückfahrt entwickelte sie Corona-Symptome. «Zuerst hatte ich Gliederschmerzen, dann kamen Fieber und Halsweh hinzu. Ich liess mich umgehend testen, wobei mein Arzt meinte, dass das wohl eine Grippe sei», erzählt sie. «Als ein Tag später das positive Ergebnis kam, war es ein grosser Schock für mich. Die Angst vor bislang wenig erforschten Langzeitschäden ist gross.»

Ort der Ansteckung ist unbekannt

Wo sie sich angesteckt haben könnte, weiss Monique nicht. Auf dem Schiff habe bis zum Sitzplatz im Restaurant und in der Lounge Maskenpflicht gegolten, bei den Passagieren sei täglich Fieber gemessen worden. «Darum ist es auch möglich, dass sich jemand bei einem Landausflug oder im Reisebus angesteckt hat und das Virus weitergab.»

Auch das Veranstalterpaar der Musikflussfahrt, Hanspeter und Elsbeth Balsiger (67), hat sich mit Covid-19 infiziert. «Ich bin unglaublich müde, habe sonst aber keine Symptome», sagt der Organisator. Den Ausbruch kann er sich nicht erklären: «Wir haben das Schutzkonzept umgesetzt. Ich habe statt zwei Cars sogar zwei Doppelstock-Busse eingesetzt, damit sich die Leute verteilen konnten.»

Flussfahrt mit Jodel, Gesang und Blasmusik

Daniel Kissling (55) aus Gurmels FR war mit dem Schwyzerörgeliquartett Längenberg auf der MS Swiss Crystal. Er bekam nach der Reise Husten, litt unter Kurzatmigkeit und verlor den Geschmacks- und Geruchssinn. Sein Covid-Test war positiv. Abstände seien auf dem Boot immer eingehalten worden. «Trotzdem waren wir über mehrere Stunden im selben Raum, durften die Maske am Tisch abziehen, während die Blaskapelle spielte, Monique sang und gejodelt wurde.»

Für Virologe Andreas Cerny ist das Superspreading keine Überraschung: «Man ist auf engem Raum über Tage zusammen, trifft sich in wechselnder Zusammensetzung zum Essen und an der Bar, wo man bei der Konsumation natürlich keine Maske trägt und bei Blasmusik und Jodel im Hintergrund laut sprechen muss. Hier kommt es sowohl zu Tröpfchen- wie auch zu Aerosolbildung und damit zur Übertragung des Virus. Temperaturmessen hilft da leider sehr wenig.» Auch die Gefahr durch Schmierinfektion durch kontaminierte Oberflächen sei gegeben. «Diese Flussschiffahrt hätte nicht stattfinden dürfen. Man hat die Planung wahrscheinlich in Zeiten gemacht, als die Fallzahlen noch tief waren und hat es dann nicht der aktuellen Situation der rasch ansteigenden Fallzahlen angepasst.»

Moniques Partner hat keine Symptome

Um wieder auf die Beine zu kommen, setzt Monique auf natürliche Hilfsmittel. «Ich habe auf Medikamente verzichtet, viel Ingwertee mit Honig und Zitrone getrunken. Zudem habe ich mich bei schönem Wetter auf unseren Balkon gesetzt, um Vitamin D zu tanken.». Ihr Partner Dani Kopp (48) habe sich auf dem Schiff nicht infiziert, er befindet sich aber in Quarantäne. «Wir können uns in unserem Haus gut trennen», sagt Monique. «Jetzt hat jeder sein eigenes Zimmer.»

Mittlerweile gehe es der Sängerin besser. «Im Gegensatz zu anderen Passagieren, die mit Atemnot kämpften. Das ist wirklich nicht lustig.» Sie sagt: «Corona darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen.»

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