Die «Kirschblütengemeinschaft» sorgt seit Jahren für Schlagzeilen: wegen alternativer Psychotherapie, Drogen und Sex als Heilmittel und sektenähnlicher Zustände. Im Zentrum des Geschehens stand bis zu seinem Tod vor vier Jahren der Gründer Samuel Widmer (†68). Zu Lebzeiten bestritt er, dass er Sex mit Patienten gehabt habe. Doch jetzt zeigt eine «Beobachter»-Recherche: Der Sekten-Guru hat sich selbst verraten.
In einem Video, das auf dem Youtube-Kanal der Kirschblütler hochgeladen wurde, erzählt er von einem Fall, bei dem er Sex als Therapiemittel einsetzte. Eine Patientin (40) sei demnach noch jungfräulich gewesen und habe ihn nach einer längeren Therapie gebeten, sie davon zu erlösen.
Patientin von Jungfräulichkeit erlöst
Der Sekten-Guru habe sich schliesslich dazu hinreissen lassen – «ein oder zwei Mal» habe er mit ihr geschlafen. Aus therapeutischer Sicht habe das wohl zur Heilung der Patientin beigetragen, denn danach sei sie endlich in der Lage gewesen, eine normale Beziehung zu Männern aufzubauen.
Widmer sagt, dass er sich die Sache gut überlegt habe. Wichtig sei, dass man nicht mit den eigenen Bedürfnissen rangehen dürfe. Trotzdem: Spass machen dürfe der Therapie-Sex schon. Das Video mit dem Titel «Zur Inzestproblematik in der Therapie» wurde mittlerweile gelöscht.
Schwere Vorwürfe gegen Esoterik-Sekte
Damit ist jetzt klar: Widmer hat die Standesregeln der Psychotherapeuten mindestens einmal verletzt. Neu ist der Verdacht jedoch nicht, denn seit Jahren gibt es wilde Spekulationen und Anschuldigungen an die Sekte.
Vor zwei Jahren stand die Kirschblüten-Therapeutin Ute F.* aus Olten SO in den Schlagzeilen. Sie hatte ihre Patientin zum Drogenkonsum während der Sitzungen animiert. Allerdings habe die Frau das keinem erzählen dürfen, denn die Methode sei laut Ute F. «nicht ganz legal» gewesen.
Drogenmissbrauch und Gruppen-Sex
Auch die Drehbuchautorin Ariela Bogenberger war fast 20 Jahre lang in der «Kirschblütengemeinschaft» gefangen. 2017 packte sie in einem TV-Interview dann über die Praktiken der Sekte aus. Sie selbst sei jahrelang mit LSD und MDMA vollgepumpt worden und habe bei Gruppen-Sex mitmachen müssen. Nach zwei Todesfällen in Berlin schaffte sie dann den Absprung.
Samuel Widmer verstarb im Januar 2017 an einem Herzversagen. Doch auch nach seinem Tod geht die Praxis in Lüsslingen-Nennigkofen SO weiter. Mittlerweile soll Danièle Nicolet (54), eine seiner Witwen, die esoterische Gemeinschaft mit den rund 200 Mitgliedern anführen. (aua)
* Name geändert