IS-Tötungsvideos im Koranunterricht
Somalier aus Bern soll Kinder radikalisiert haben

Laut der Bundesanwaltschaft hat A.I.* (38) die Terrormiliz IS unterstützt. Bei einer Hausdurchsuchung fanden die Ermittler Tausende Videos von Hinrichtungs- und Folterszenen.
Publiziert: 15.08.2020 um 20:27 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2020 um 20:28 Uhr
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Ein Somalier aus Bern soll Kindern islamistische Propaganda- und Tötungsvideos vorgeführt haben.
Foto: Keystone
Fabian Eberhard

Die Vorwürfe der Bundes­anwaltschaft sind happig: A. I.* (38) soll Kinder gezielt mit Terrorpropaganda indoktriniert haben. Nach Feststellung der Ermittler führte ihnen der Somalier aus Bern bei Koranschulungen islamistische Gewaltvideos vor, um sie «ideologisch zu radikalisieren». So geht es aus der Anklageschrift hervor, die SonntagsBlick vorliegt.

Die Bundesanwaltschaft fordert für I. nun eine Haftstrafe von sechs Monaten. Weil der Somalier den Strafbefehl nicht akzeptiert hat, muss er sich am Dienstag in einer Woche vor dem Bundesstraf­gericht in Bellinzona verantworten.

Dschihad-Videos auf dem Computer

Zu den Opfern des Islamisten gehören laut Anklage unter anderen zwei somalische Kinder aus Bern. I. hat die beiden von Anfang 2015 bis Ende 2016 «unterrichtet», was er auch zugibt. Er habe sie jedoch lediglich den Koran und die arabische Schrift gelehrt.

Die Bundesanwaltschaft sieht das anders. Auf dem Computer im Haus der Kinder fanden die Ermittler Dschihad-Videos, die I. persönlich von seiner Festplatte übertragen hatte. In einem der Filme ruft ein Führer der somalischen Terrormiliz al-Shaabab dazu auf, Ungläubige «so grausam wie möglich» zu töten. Im Hintergrund weht die Flagge des Islamischen Staates (IS).

12'000 islamistische Propaganda-Videos

Während einer Hausdurchsuchung bei dem Beschuldigten im Dezember 2016 beschlagnahmte die Polizei Datenträger mit 12'000 islamistischen Propaganda-Videos. Viele davon enthielten Hinrichtungs- und Folter­szenen. I. hatte sie akribisch beschriftet und geordnet.

Mehr noch: Forensiker konnten nachweisen, dass der Somalier seine Festplatten an Dut­zende fremder Computer angeschlossen hatte. Und dass er per SMS Schulungstermine für Kinder organisierte.

Bei Befragungen sagte der Somalier, der laut Bundesanwaltschaft aus «tiefer religiöser Überzeugung» handelte, dass die meisten Anschuldigungen gegen ihn Lügen seien. Wer ihn beschuldige, sei wohl neidisch auf seinen «gehobenen Lebensstandard» mit Autos, schönen Uhren und Kleidern.

I.s Beteuerungen unglaubwürdig

Ihm sei allerdings nicht bewusst gewesen, dass die Gewaltvideos auf seinen Festplatten verboten seien. Er habe sie aus dem Internet heruntergeladen, weil er sich «informieren» wollte, «was auf der Welt passiert».

Die Bundesanwaltschaft hält I.s Beteuerungen für unglaubwürdig. Sie klagt ihn wegen Propaganda für den Islamischen Staat und verwandte Gruppierungen an, wegen Besitz von Gewaltdarstellungen sowie Unterstützung einer kriminellen Organisation.

Eine bedingte Strafe kommt laut Anklageschrift nicht infrage. Es sei nicht anzunehmen, dass sie den Beschuldigten von weiteren Delikten abhält.

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