Internationaler Schlag gegen die ’Ndrangheta
Sohn von Mafia-Boss «Peppe die Kuh» leitete Kokain-und Waffenhandel in der Schweiz

Im Morgengrauen nahmen am vergangenen Dienstag Antimafia-Einheiten in ganz Italien 104 Verdächtige fest. Auch in den Kantonen St. Gallen, Graubünden, Zürich und Tessin klickten Handschellen.
Publiziert: 17.11.2021 um 21:09 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2021 um 22:55 Uhr
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Mafia-Pate Giuliano P., genannt «Peppe die Kuh», lebte jahrelang unauffällig in Graubünden. Bis er 2014 in Italien verhaftet und zu zehn Jahren Knast verurteilt wurde.
Myrte Müller

Es sind erst drei Wochen vergangen, seit ein süditalienischer Richter die Mitglieder der «Frauenfelder Zelle» in zweiter Instanz freisprach. Dass die Mafia im Thurgau operierte, könne man nicht beweisen, so die Urteilsbegründung (Blick berichtete). Der Jagd auf Schweizer Mafiosi tut das allerdings keinen Abbruch.

Am vergangenen Dienstag schlugen die Antimafia-Einheiten in ganz Italien zu. Aber auch in den Kantonen St. Gallen, Graubünden, Zürich und Tessin gab es sechs Festnahmen. Die Männer sollen nach Italien ausgeliefert werden. Insgesamt gingen den Behörden 104 Verdächtige ins Netz.

’Ndrangheta bildete neue «Europa-Zelle»

Die Operation «Nuova Narcos Europea» wurde nach einer neuen «Europa-Zelle» der ’Ndrangheta benannt, wie die ermittelnde Staatsanwaltschaft an einer Pressekonferenz in Mailand bekannt gab. Ob die Zelle auch in einem der genannten Kantone operierte, wurde nicht gesagt. In belauschten Gesprächen loben die Mafiosi die Schweiz jedenfalls als einen sicheren Ort gegen Strafverfolgung. Klar ist zudem: Die Schweiz spielte wieder eine zentrale Rolle in den Ermittlungen. In den Hauptrollen zwei «Schweizer»: Gianpietro G.* (33) aus Winterthur ZH, genannt «Der Wilde», und Antonio P.* (28) aus Zürich, Sohn des Paten «Peppe die Kuh».

Die «Allerheiligste Mutter», Boss der «Frauenfelder Zelle»

«Peppe die Kuh» ist ein Mafia-Boss mit dem Rang der «Allerheiligsten Mutter» und stand an der Spitze der «Frauenfelder Zelle». Giuliano P.* (56) lebte jahrelang unauffällig in einem Bündner Bergdorf (Blick berichtete). Er herrschte über verschiedene Mafia-Zellen in Kalabrien, Norditalien und der Schweiz. 2014 wurde «Peppe die Kuh» bei einem Besuch in Italien verhaftet und 2016 zu zehn Jahren Knast verurteilt.

Sohn Antonio leitete fortan die Basis für den Drogen- und Waffenhandel in der Schweiz, so die Mailänder Staatsanwaltschaft. Das Kokain kam zentnerweise aus Südamerika, wurde in den Häfen Gioia Tauro in Kalabrien und Livorno in der Toskana verladen und schliesslich in Autos über die Grenzen von Como und Varese in die Schweiz geschafft. Dieser internationale Drogenverkehr lief über die Comer ’Ndrangheta-Zelle des Clans der Molè und wurde vom Winterthurer Mafioso Gianpietro G. kontrolliert.

Kokain- und Waffenhandel in der Schweiz

Die heisse Ware landete dann meist an der Basis im Kanton St. Gallen. Bei den Kurierfahrten packte auch der Sohn von «Peppe die Kuh» mit an. So wurde der Kalabrese im Juni 2020 an der Grenze vor Chiasso TI mit 1,2 Kilo Kokain im Auto erwischt. Bis zur endgültigen Verhaftung am Dienstag sass Antonio P. im Hausarrest in Italien. So lange übernahm der Bruder von «Pepe die Kuh», Giuseppe P.* (50), die Geschäfte des Neffen in der Schweiz. Auch er sitzt nun in U-Haft.

Bei der Operation der Antimafia-Einheiten geht es aber nicht nur um Drogenhandel. In den zahlreichen belauschten Gesprächen wurde auch immer wieder über Bestellungen von Schweizer Sturmgewehren, Pistolen, sogar Sprengstoffen gesprochen, die von der Schweiz nach Italien geschmuggelt wurden.

* Name geändert

Italienischer Mafia-Boss in Madrid festgenommen
1:53
Seit längerem auf der Flucht:Italienischer Mafia-Boss in Madrid festgenommen


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