Insgesamt zwölf Fälle einer neuen Corona-Variante entdecken Wissenschaftler in Südfrankreich. Ausgegangen sein soll die Infektionskette von einem Reisenden aus Kamerun.
In einer noch nicht abschliessend geprüften Studie stellen Forscher fest, dass die Variante mit dem Namen B.1.640.2 gleich 46 Mutationen am Spike-Protein aufweist. Das Spike-Protein ist der Teil des Virus, welches an menschliche Zellen andockt. Zum Vergleich: Die Omikron-Variante weist «nur» 37 Mutationen auf.
Ersten Untersuchungen nach könnte die neue Variante besser an menschliche Zellen andocken und diese mit dem Virus infizieren. Ob sich B.1.640.2 aber tatsächlich auch schneller verbreitet, ist bislang noch unklar.
«Wir sollten wachsam bleiben»
Epidemiologe Thomas Steffen sagt auf Anfrage zu Blick, es sei noch zu früh, um bereits Schlüsse zu ziehen. Aufgrund von bestehenden Immunitäten sei es «eher unwahrscheinlich», dass die neue Variante Omikron schnell verdränge.
«Aber die letzten zwei Jahre in der Pandemie haben einem gelernt, dass wir wachsam bleiben sollten.» Erst die reale Verbreitung werde zeigen, ob die Mutationen dem Virus bei einer schnelleren Verbreitung tatsächlich helfen.
Mehr zu der neuen Variante
Auch Richard Neher von der Covid-Taskforce sagt, die neue Variante breite sich zumindest bislang nicht stark aus. Darum sei sie lediglich eine von vielen Varianten, denn das Virus verändere sich laufend. «Wir sollten diese, wie auch andere Varianten, beobachten. Aber es besteht kein Grund, speziell über diese Variante besorgt zu sein», sagt Neher zu Blick.
«Die Mutationen können das Virus auch schwächen»
Vom ursprünglichen Coronavirus existieren bereits zahlreiche Varianten. Laut Neher entstehen diese, wenn sich verschiedene Mutationen akkumulierten. «Manche dieser Mutationen verschaffen dem Virus einen Übertragungsvorteil. Varianten mit vielen solchen Mutationen setzen sich durch.» Das sei beispielsweise bei der aktuell vorherrschenden Omikron-Variante der Fall.
Nicht alle Varianten entstünden aber aus gewöhnlichen Übertragungsketten, so Neher. «Es besteht die Möglichkeit, dass manche Varianten mit sehr vielen Mutationen, wie zum Beispiel Omikron, in chronischen Infektionen in immungeschwächten Menschen entstehen.»
Auch Andres Cerny ist bislang nicht besorgt. Der Tessiner Virologe zu Blick: «Es handelt sich um eine Unterart einer Variante, die bereits bekannt ist. So etwas ist biologisch nicht aussergewöhnlich.» Zudem würde man aktuell keinen besonderen Anstieg der Fallzahlen mit dieser Variante feststellen. Dass die Variante ein neues Omikron werden könnte, glaubt er nicht.
Im Gegenteil: Möglicherweise könnte die Subvariante auch ein gutes Zeichen sein. Nicht alle Mutationen würden dem Virus automatisch helfen, erklärt Epidemiologe Steffen. «Die Mutationen können das Virus auch schwächen.» Das Virus mutiere, weil es versuche, unserer Immunabwehr zu entfliegen. «Entsprechend ist es im Moment so wichtig, dass wir auch weltweite Impfmassnahmen unterstützen. Anders gesagt: Die Schweiz kommt nicht alleine aus der Pandemie raus.»
WHO unterscheidet drei Corona-Kategorien
Die neue Variante gehört zu einer Art Varianten-Familie, die seit November auf dem Radar der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist. Darauf verwies WHO-Epidemiologe Abdi Mahamud in Genf. B.1.640 wurde nach WHO-Angaben zuerst im September aus der Demokratischen Republik Kongo gemeldet und im November unter Beobachtung genommen, habe sich seitdem nach den vorliegenden Daten aber nicht erheblich ausgebreitet, sagte Mahamud. «Wir werden sie im Auge behalten.»
Die WHO unterscheidet bei potenziell gefährlichen Corona-Varianten drei Kategorien: (1) besorgniserregende Varianten, (2) Varianten von Interesse und (3) Varianten unter Beobachtung. B.1.640 ist in Kategorie 3, ebenso wie zwei weitere Varianten, Omikron in Kategorie 1. Insgesamt 17 Varianten, die die WHO seit Beginn der Pandemie beobachtet hat, haben sich als kurzlebig oder wenig bedrohlich erwiesen und stehen nicht mehr unter besonderer Beobachtung.