Ikea wirbt für «Ehe für Alle»
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Chefin will handeln:Ikea wirbt für «Ehe für Alle»

Ikea-Chefin Jessica Anderen unterstützt Ehe für alle
«Wir müssen lauter sein!»

Ikea wird immer politischer. Nach Vaterschaftsurlaub und CO₂-Gesetz fordert das Unternehmen jetzt die Ehe für alle. Und es kommt noch mehr, sagt CEO Jessica Anderen.
Publiziert: 05.09.2021 um 00:54 Uhr
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Aktualisiert: 05.09.2021 um 09:29 Uhr
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«Wir sind nicht irgendein Unternehmen», sagt Jessica Anderen, CEO von Ikea Schweiz, im Interview mit SonntagsBlick. «Deshalb müssen wir unsere Stimme erheben.»
Foto: Siggi Bucher
Danny Schlumpf

Ikea Schweiz unterstützt die Ehe für alle. Warum?
Jessica Anderen: Weil wir eine inklusive Firma sind, die alle gleich behandelt. Das sitzt tief in unseren Wurzeln und Werten. Gleichheit, Diversität und Fairness sind für uns zentral, so lange ich mich zurückerinnere. Vor einem Jahr unterstützten wir den Vaterschaftsurlaub, zur Ehe für alle haben wir die gleiche Haltung. Und weil wir nicht irgendein Unternehmen sind, müssen wir unsere Stimme erheben.

Was machen Sie konkret?
Wir haben von jeder verkauften Ikea-Regenbogentasche einen Franken dem Komitee «Ehe für alle» gespendet, insgesamt rund 50'000 Franken. Kommende Woche lancieren wir vor der Abstimmung eine Kampagne zur Unterstützung des Anliegens. Und wir leben Diversität in der Firma selbst, indem wir unseren globalen Gleichheitsplan in allen Märkten umsetzen.

Wie viel von Ihnen selbst steckt in diesem Engagement?
Meine Führungsrolle bei Ikea Schweiz muss mit meinen eigenen Werten übereinstimmen. Ich würde nie eine Rolle übernehmen, ohne mit Kopf, Herz und Bauch an die damit verbundenen Ziele zu glauben. Deshalb habe ich auch an der Zurich Pride teilgenommen, zusammen mit vielen meiner Mitarbeitenden.

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Ist Ikea eine linke Firma?
Wir tragen eine Verantwortung und müssen genau hinschauen, welche gesellschaftlichen Themen wichtig sind. Dann entscheiden wir, wie wir die Anliegen unterstützen, die unseren Werten entsprechen. Aber wir ergreifen politisch nicht Partei.

Sie haben das CO2-Gesetz unterstützt und setzen sich jetzt für die Ehe für alle ein. Das sind doch klare politische Positionsbezüge?
Wir stellen uns auf die Seite der vielen Menschen – und die haben ganz unterschiedliche Ansichten. Wir stehen für Gleichheit, Diversität und Inklusion. Das sind wir.

Sie könnten Kunden verlieren wegen diesem Engagement.
Mit unserer Nachhaltigkeitsagenda fokussieren wir auf Klima, Gleichheit und Diversität. Das ist ein langfristiger Plan, mit dem wir eine Bewegung antreiben wollen. Vielleicht verlieren wir auf dieser Reise hier und dort einige Leute. Aber wir sind überzeugt, damit langfristig mehr Menschen zu erreichen.

Viele Firmen schmücken sich mit den Regenbogenfarben. Aber nicht alle tun auch etwas für mehr Diversität, sie betreiben lediglich Pinkwashing.
Wir haben Ikea-Taschen in den Regenbogenfarben kreiert, aber das ist nur eine kleine Sache. Viel wichtiger ist, dass wir als Unternehmen konsequent eine vielfältige Arbeitnehmerschaft aufbauen. Bei Ikea Schweiz arbeiten über 90 Nationalitäten, 50 Prozent unserer Angestellten sind Frauen, die gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten. Mehrere Topmanager von Ikea gehören zur LGBTIQA+-Community, auch in der Schweiz. Wir haben Transgender-Richtlinien, um Angestellte zu unterstützen und zu schützen, die eine Geschlechtsumwandlung anstreben. Dafür stehen wir.

Mit Ikea auf Weltreise

Die Schwedin Jessica Anderen (51) arbeitet seit über 30 Jahren für Ikea. Sie stieg als Küchendesignerin in einer Filiale in Linköping beim Möbelhaus ein. Dann kletterte sie die Karriereleiter rasch hoch und bekleidete bei Ikea in Schweden diverse Führungspositionen. 1995 zog Anderen für das Möbelhaus nach Hongkong, anschliessend nach Singapur und Australien. Von 2011 bis 2015 arbeitete sie in Indien, bevor sie nach Schweden zurückkehrte. Seit 2019 ist sie CEO von Ikea Schweiz. Jessica Anderen ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Die Schwedin Jessica Anderen (51) arbeitet seit über 30 Jahren für Ikea. Sie stieg als Küchendesignerin in einer Filiale in Linköping beim Möbelhaus ein. Dann kletterte sie die Karriereleiter rasch hoch und bekleidete bei Ikea in Schweden diverse Führungspositionen. 1995 zog Anderen für das Möbelhaus nach Hongkong, anschliessend nach Singapur und Australien. Von 2011 bis 2015 arbeitete sie in Indien, bevor sie nach Schweden zurückkehrte. Seit 2019 ist sie CEO von Ikea Schweiz. Jessica Anderen ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Propagiert Ikea Diversität und Inklusion auch in Ländern wie Saudi-Arabien?
Wir tun es überall auf der Welt, aber mit unterschiedlichen Strategien. Wir entscheiden aus einer Ikea-Perspektive, was wir tun und warum. Die Umsetzung hängt dann von den verschiedenen Kulturen ab. Aber wir wollen stets die vielfältige Kundenbasis mit einer ebenso vielfältigen Arbeitnehmerschaft spiegeln, um die jeweiligen Bedürfnisse zu verstehen.

Mit klaren Stellungnahmen zur gesellschaftlichen und politischen Aktualität betreten Sie Neuland.
Ja und nein. Ich bin schon sehr lange bei Ikea und wir sind konstant dran an diesen Themen. Doch wir waren öffentlich vielleicht etwas zu leise. Wir müssen lauter sein und zeigen, was wir tun!

Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat diese Woche am Swiss Economic Forum einen Appell an die Unternehmen gerichtet, sich politisch stärker einzumischen. Ist das die Richtung, die Ikea einschlägt?
Natürlich greifen wir auch künftig neue Themen auf. Das ist eine Reise, die wir weiterführen wollen. Und wir wollen laut sein. Es gibt verschiedene Bereiche, in denen unsere Gesellschaft einen Gang zulegen muss. Aber die Anliegen, die wir unterstützen, müssen zu unserer Strategie und unserer Bewegung passen. Es beginnt immer mit den Werten, an die wir glauben.

Wird es für die Unternehmen schon bald zu einem Muss, sich politisch einzumischen?
Es ist wichtig, zu dem zu stehen, woran man als Firma glaubt. Politisch oder nicht – das ist nicht der Punkt. Aber wir als Ikea Schweiz wollen teilen, was wir als inklusive Firma tun. Für jedes Unternehmen ist es wichtig, über die eigene Rolle und die eigenen Stärken nachzudenken – und auch darüber, wie es sich mit anderen verbinden kann, um eine grössere Wirkung zum Nutzen der Gesellschaft zu entfalten.

Sich politisch zu exponieren, birgt aber auch Risiken.
Es birgt immer Risiken, zu dem zu stehen, woran man glaubt. Es gibt jedoch Themen wie Klima, Ungleichheit und Diversität, bei denen wir nicht länger in Sitzungszimmern über irgendwelche Strategien diskutieren können. Wir müssen die Tatsachen akzeptieren und aktiv werden, uns zusammenschliessen und die Herausforderungen gemeinsam angehen. Es ist schlicht keine Option, so weiterzumachen wie bisher.

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