«Grösseres Problem als Corona»
Über 100 Kinder wegen Atemproblemen in Schweizer Spitälern

Über 100 Kleinkinder liegen derzeit mit schweren Atemproblemen in Schweizer Spitälern. Grund ist das RS-Virus, gegen das die Säuglinge kaum Immunität aufbauen konnten. Das hat auch mit den Corona-Massnahmen zu tun.
Publiziert: 22.07.2021 um 10:18 Uhr
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Aktualisiert: 22.07.2021 um 19:24 Uhr
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Immer mehr Kinder landen wegen Atemproblemen im Spital. (Symbolbild)
Foto: Getty Images/iStockphoto

In der Schweiz landen immer mehr Kleinkinder mit schweren Atemwesgerkrankungen im Spital. Dies berichtet heute «20 Minuten». Im Februar waren es gemäss der Pädiatrischen Infektiologie Gruppe Schweiz noch weniger als zehn Fälle pro Woche. Ende Juni waren es bis zu 115 Fälle pro Woche.

Verantwortlich ist das Respiratorische Synzytial-Virus, abgekürzt RS-Virus. Dieses befällt vor allem die Schleimhäute der oberen Atemwege und das Flimmerepithel der Luftröhre und der Bronchien. Es kann zu einer Bronchitis kommen, den betroffenen Kindern droht Atemnot und Sauerstoffmangel.

«Sind teilweise gezwungen, Kinder aus Platzmangel zu verlegen»

Ein bis zwei Prozent der Betroffenen müssen laut Bundesamt für Gesundheit hospitalisiert, einige beatmet werden. Im Kantonsspital Winterthur beispielsweise hat sich die Anzahl an Kindern mit einer RSV-Infektion gemäss «20 Minuten» von anfangs Juni bis anfangs Juli verdoppelt. Die meisten Patienten seien ein Jahr alt oder jünger. «Wir sind teilweise gezwungen, Kinder aus Platzmangel in andere Kinderkliniken der Region zu verlegen», wird Spitalsprecherin Meret Ann von Arx zitiert. Da man auch von anderen Kinderkliniken zeitweise Kinder übernehme, die dort keinen Platz hätten, gehe es anderen Kinderkliniken offensichtlich gleich.

«Das RS-Virus ist momentan das grössere Problem als Corona», sagt der Schweizer Impf-Chef Christoph Berger, der zusätzlich auch die Abteilung Infektiologie und Spitalhygiene im Universitäts-Kinderspital Zürich leitet.

Keine Immunität aufgebaut

Als Grund nennt Berger die Isolation während der Pandemie. Viele Kinder hätten im vergangenen Winter keine Immunität aufbauen können, darum treffe es sie nun umso mehr. Betroffen seien insbesondere die Jüngsten. «Wenn man sich zum ersten Mal mit RS-Viren ansteckt, ist es immer am schlimmsten.»

Sorgen, dass es zu wenig Spitalplätze gebe, müsse man sich aber nicht machen. Zu Engpässen komme es auch während den üblichen RS-Epidemien, die normalerweise zwischen Dezember und Februar ihren Höhepunkt erreichen. Notfalls würden die Kinder in andere Spitäler verlegt.

Handhygiene sehr wichtig

Laut dem deutschen Robert-Koch-Institut machen während des 1. Lebensjahres 40–70 Prozent und bis zum Ende des 2. Jahres nahezu alle Kinder einmal diese Erkrankung durch. Das schützt zwar nicht vor erneuter Ansteckung, aber der Krankheitsverlauf wird dadurch weniger stark als bei der Erstinfektion.

Symptome sind Schnupfen, starker Husten, Fieber und häufig auch eine Bindehautentzündung, schreibt das Bundesamt für Gesundheit. Eine Impfung gibt es derzeit nicht. Einziger Schutz sei deshalb, Säuglinge und Kleinkinder von hustenden und fiebernden Personen fernzuhalten, sagt Christoph Aebi, Chefarzt im Berner Inselspital, zu «20 Minuten». Das Virus werde nicht nur über Tröpfchen, sondern besonders auch über direkten Kontakt – also vor allem über Hände – übertragen. Ebenso wichtig sei die rasche Konsultation des Kinderarztes, wenn der Säugling meist bei vorliegendem Schnupfen schnell und erschwert atmet oder Mühe beim Trinken habe. (vof)

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