Das sogenannte Bedretto-Fenster liegt versteckt hinter Kiesbergen in Ronco nahe Airolo TI – ein alter Baustollen mit quadratischer Öffnung, 2,70 Meter breit und 2,70 Meter hoch, durch eine Kette von Funzeln beleuchtet, die an der nackten Felsdecke in den Schlund des Berges führt. Laut rauscht das Wasser, der Schweiss des Steins, in Rinnen an den Füssen vorbei. Eine silberne Pipeline saugt geräuschvoll Frischluft ins Innere des Tunnels.
Ein 2,5-Kilometer-Marsch steht der Besuchergruppe bevor. Sie will ins Bedretto- Untergrundlabor für Geowissenschaften und Geoenergien, kurz Bedretto-Lab. Es ist ein hochtechnologisches Forschungslabor der ETH, 2000 Meter tief im Berg unter 1000 Metern Steinmassiv. Seit Mai 2019 wird direkt vor Ort untersucht, wie sich Granit bei Hochdruck-Wassereinspritzungen und Erschütterungen verhält und wohin und wie schnell sich die Risse im Gestein ausbreiten. Man wolle natürlich keine grossen Beben auslösen, beruhigt ETH-Geophysiker Marian Hertrich. Für die Erforschung der Tiefengeothermie reichten kleine Verwerfungen. Die Resultate dienen einem grossen Ziel: Die Hitze im Erdinnern soll eines Tages als Energiequelle oder als Wärmereservoir genutzt werden.
Nichts für Klaustrophobiker
Eng wird es werden. «Nichts für Leute mit Platzangst», mahnt Barbara Naegeli, Mediensprecherin vom Swiss Seismological Service (SED) der ETH Zürich. Bevor der finstere Stollen die Gruppe verschluckt, werden Sicherheitsmassnahmen getroffen: Jeder steigt in einen orangen Schutzanzug, Helm mit Stirnlampe auf den Kopf, Selbstretterbox mit Sauerstoffschutzmaske über die Schulter. Noch mal die Schnürsenkel der Bergschuhe nachziehen, dann gibts eine letzte Anweisung von ETH-Gruppenleiter Hertrich: «Bleibt zusammen!» Und sie geht los, die etwas andere Bergwanderung. Nach 30 Minuten öffnet sich der Stollen ins Bedretto-Lab. Das Felslabor füllt eine Nische in der Mitte des Tunnels, wo ursprünglich die Kreuzungsstelle der Züge vorgesehen war.
Bedretto-Fenster mit Blick in die Zukunft
Die Decke ist nun höher, der Gang breiter. Techniker schieben Rohre in handtellergrosse Löcher, die 300 bis 400 Meter tief in den Rotondo-Granit des Bedrettotals gebohrt wurden. Einige Rohre sind mit Sensoren gespickt, andere ziehen Steinkegel aus dem Schacht. Bunte Kabel quillen aus dem Fels, führen der Stollenwand entlang, sind mit Computer und Serveranlage verbunden. Akustische Impulse geben Auskunft über die Dichte des Steins. Über Screens verfolgen Seismologen, wie der Granit auf die Wassereinspritzungen reagiert. Die kontrollierten Experimente begeistern ETH-Professor Domenico Giardini und sein Team sowie nationale und internationale Forschungsgruppen. Das Felslabor versetzt die Besuchergruppe in Staunen.
Es ist das zweite Mal, dass das Bedretto-Fenster einen Blick in die Zukunft erlaubt. Bereits in den 50er-Jahren träumte man im Bedrettotal von einer Tunnelbahn, die die Kantone Bern, Wallis und Tessin miteinander verbindet. Schliesslich reichte das Bedretto-Fenster nur zu einem 5221 Meter langen Belüftungsstollen für den Furka-Basistunnel der Matterhorn-Gotthard-Bahn. 1982 wurde der Stollen stillgelegt.
Der Begriff Geothermie stammt aus dem Griechischen und steht für die Nutzung von Wärmeenergie, die in hohen Temperaturen im Erdreich gespeichert ist. Um Erdwärme für Heizung und Stromgewinnung zu nutzen, werden zwei Bohrlöcher bis zu 5000 Meter in die Tiefe getrieben, wo die Temperaturen bei 100 bis 200 Grad Celsius liegen. In ein Bohrloch wird Wasser gepumpt, das als heisser Dampf dann aus dem zweiten Bohrloch austritt. Damit kann eine Turbine angetrieben und Strom erzeugt werden. Auch ist das Speichern von Energie in unterirdischen Reservoirs möglich. Das Problem: Durch die Bohrungen können Erdbeben verursacht werden. Bei einem Geothermie-Projekt in Basel wurde ein Beben von 3,4 auf der Richterskala ausgelöst. Auch im Sittertobel sorgte 2013 zu viel Druck im Bohrloch für einen heftigen Erdstoss in der Region St. Gallen. Das Bedretto-Lab will nun Wege finden, damit die Erdwärme gefahrlos als erneuerbare Energie genutzt werden kann.
Der Begriff Geothermie stammt aus dem Griechischen und steht für die Nutzung von Wärmeenergie, die in hohen Temperaturen im Erdreich gespeichert ist. Um Erdwärme für Heizung und Stromgewinnung zu nutzen, werden zwei Bohrlöcher bis zu 5000 Meter in die Tiefe getrieben, wo die Temperaturen bei 100 bis 200 Grad Celsius liegen. In ein Bohrloch wird Wasser gepumpt, das als heisser Dampf dann aus dem zweiten Bohrloch austritt. Damit kann eine Turbine angetrieben und Strom erzeugt werden. Auch ist das Speichern von Energie in unterirdischen Reservoirs möglich. Das Problem: Durch die Bohrungen können Erdbeben verursacht werden. Bei einem Geothermie-Projekt in Basel wurde ein Beben von 3,4 auf der Richterskala ausgelöst. Auch im Sittertobel sorgte 2013 zu viel Druck im Bohrloch für einen heftigen Erdstoss in der Region St. Gallen. Das Bedretto-Lab will nun Wege finden, damit die Erdwärme gefahrlos als erneuerbare Energie genutzt werden kann.
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