Auf einen Blick
- Garagist Martin Wickli kämpft seit Jahren mit den Anzeigen seines Nachbarn
- Gemeinde verschärft Auflagen für Garage trotz kaum festgestellter Verstösse
- Gemeindepräsident lässt seine Umzugspläne platzen
Viele Beamte in seiner Wohngemeinde Sargans SG kennt Garagist Martin Wickli (47) persönlich: beim Bauamt, bei der Gemeinde, beim Untersuchungsamt in Uznach, beim St. Galler Amt für Umwelt. Dies nicht, weil sie alle ihr Auto bei ihm reparieren liessen, erklärt Wickli: «Sondern weil mein Nachbar sie mir seit über zehn Jahren auf den Hals hetzt!»
Seine Autogarage hat Wickli 2005 an ihrem heutigen Standort gegründet. Sie steht in der Industriezone, an der Grenze zu einer Wohnzone. Eine Hecke trennt seinen Vorplatz von den Gärten der gegenüberliegenden Häuser. Dort zog einige Jahre später das Ehepaar Erika und Ludwig H.* ein.
Schon kurz nach dem Einzug reichen die neuen Nachbarn bei der Gemeinde eine Immissionsklage ein. Die Garage sei zu laut, Wicklis Leuchtreklame zu hell, die Arbeiten auf dem Garagenvorplatz nicht bewilligt. «Ich wollte keinen Ärger haben und stimmte härteren Auflagen zu», erzählt Wickli.
Diese beinhalten: kürzere Betriebszeiten, ein Verbot, die Rolltore der Werkstatt zu öffnen – ausser es herrschen draussen über 25 Grad.
Nachbar zeigt ihn ständig an
Zufrieden sind die Eheleute H. damit nicht: Weiterhin versuchen sie, die Vorhaben von Wickli zu blockieren. Lärm- und Sichtschutz – Einsprache! Tag der offenen Tür in der Garage – Beschwerde! Der Garagist baut seinen Autounterstand ab – Anzeige! Wickli sagt verzweifelt: «Ganz egal, was ich machen will, immer endet es in einem Kampf.»
Nachbar Ludwig H. wehrt sich gegenüber Blick: «Herr Wickli sagt nicht die Wahrheit und hält sich nicht an Vereinbarungen.»
Der Garagenbetreiber nehme keine Rücksicht. Stattdessen suche er nach «Schlupflöchern» in den Auflagen: So arbeite er zunehmend ausserhalb der Garage an den Fahrzeugen, was grossen Lärm verursache.
Wegen der Beschwerden lässt die Gemeinde Sargans bei Wicklis Garage regelmässige Kontrollen durchführen. «Ich muss ständig auf der Hut sein. Beim kleinsten Verstoss ruft mein Nachbar bei der Gemeinde an», erzählt er.
700 Franken Busse wegen einer Zigarette
Als sein Lehrling eine Zigarette raucht, muss Wickli 700 Franken Busse bezahlen. Wenn ein Mitarbeiter die Rolltore halb öffnet, um frische Luft hereinzulassen, muss Wickli bei unter 25 Grad mit einer Strafe rechnen.
Zwar hält die Gemeinde in einem Schreiben fest, dass bei den durchgeführten Kontrollen kaum Verstösse festgestellt wurden. «Trotzdem ist kein Ende in Sicht», so Wickli.
Die «Schikane» seiner Nachbarn betreffen auch die Freizeit. Der Garagenbetreiber wohnt mit seiner Familie neben der Werkstatt. «Als ich ein Schwimmbecken für meine Kinder bauen wollte, erhob mein Nachbar Einsprache», erzählt der dreifache Vater. «Er verlangte Vorschriften, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten die Kinder den Pool benutzen dürfen.»
Pool-Verbot für Wicklis Kinder
Ludwig H. betont, die «Angelegenheit mit dem Schwimmbecken» liege schon über 12 Jahre zurück. Das Badeverbot habe sich auf den Sonntagnachmittag beschränkt: «Die Massnahme sollte eine Verschnaufpause von zu übermässigen Lärmimmissionen aus dem Garagenbetrieb ermöglichen», so H. Ausserdem habe man versucht, mit Wickli direkt nach Lösungen zu suchen: «Doch wir sind auf Ablehnung gestossen.»
Vor einigen Jahren schlug Jörg Tanner (GLP), Gemeindepräsident von Sargans, vor, Wickli solle seine Garage an einen neuen Standort umsiedeln. Man bot ihm Bauland an. Die Gemeinde und der Kanton stimmten dem Neubau zu. Doch plötzlich entzog der Gemeindepräsident ihm die Bewilligung wieder. Begründung: Das Land sein anderweitig vergeben. Wickli ärgert sich: «Ich hatte bereits über 100'000 Franken in das Projekt gesteckt.»
«Sie wollen, dass ich verschwinde»
Als Alternative bietet Tanner ihm ein anderes Grundstück an. «Ich liess mein Bauprojekt also umändern», erzählt der 47-Jährige. Doch auch diesmal macht der Gemeindepräsident einen Rückzieher.
Wickli bleibt mit den Rechnungen zurück. Die Kosten für das erste Projekt und 70'000 Franken für die Neuprojektierung auf das zweite Grundstück, jahrelange Arbeit – umsonst. Hinzu kommen die Baubewilligungskosten von über 10'000 Franken.
Jörg Tanner mag mit Verweis auf das laufende Verfahren keine Fragen zum Fall beantworten. Und auch von der Gemeinde sind eine Woche nach der Blick-Anfrage keine Antworten gekommen.
Die Gemeinde prüft jedoch eine weitere Verschärfung der Auflagen für die Garage: Jegliche Arbeiten auf dem Vorplatz der Garage sollen nun verboten werden. Wickli: «Ich darf dort nicht einmal eine Glühbirne wechseln!» Ebenso müssten die Rolltore stets geschlossen bleiben – auch in der Sommerhitze. «Mein Nachbar terrorisiert mich mit Anzeigen – und jetzt soll ich wegziehen!», so das bittere Fazit. «Doch nach all den Jahren gebe ich nicht einfach auf.»
*Namen geändert