Sara B.* (23) aus Freiburg verbrachte Silvester 2019 in Barcelona. Doch der Trip endete im Drama – die junge Frau wurde Opfer einer Gruppenvergewaltigung. «Vier Männer vergewaltigten mich», sagt das Opfer im Blick-Gespräch. Sie macht den ungewöhnlichen Schritt in die Öffentlichkeit.
Der Reihe nach: In der Disco trifft die damals 19-Jährige einen Bekannten aus Freiburg, den Angolaner Edson T.* (mittlerweile 28). «Wir haben uns unterhalten und getrunken. Irgendwann drehte sich mir der Kopf.» Viel mehr weiss die junge Freiburgerin von dieser Nacht nicht. «Ich habe einige verzerrte Bilder, sonst nichts.» Am Nachmittag des 1. Januars plagen sie heftige Kopfschmerzen: «Ich erwachte nackt in einem fremden Bett. Neben mir ein fremder Mann.»
Die junge Frau denkt da noch nicht an das Schlimmste. Knapp einen Monat später erzählt ihr eine Freundin, dass in Freiburg das Gerücht von einem Sexvideo mit ihr aus besagter Silvesternacht kursiere. Sara B. erstattet Anzeige gegen vier Männer, die gemäss der Freundin im Film zu sehen seien. Konkret: Edson T., dessen kongolesische Kollegen Aaron M.* (25) und David A.* (24) sowie einen weiteren Mann. Bei letzterem handelt es sich um einen aktuellen Super-League-Fussballer**.
Verfahren eingestellt
Auch die drei anderen Männer waren mehr oder weniger erfolgreiche Kicker. Einer von ihnen spielte in diversen Nachwuchs-Teams von bekannten Schweizer Profivereinen. Die zwei anderen versuchten sich im Amateurfussball.
Gegen den Profifussballer erhebt die Staatsanwaltschaft keine Anklage und stellt das Verfahren ein. Er war in der Tatnacht tatsächlich kurz im Zimmer, während es zum Verbrechen kam. Doch in der Einstellungsverfügung steht, dass er nicht habe feststellen können, dass der Sex gegen den Willen von Sara B. geschah.
Die drei anderen müssen jedoch vor dem Richter erscheinen. Die Vorwürfe in der Anklageschrift wiegen schwer: Die drei Männer vergewaltigten demnach Sara B. in jener Nacht. Immer wieder. Laut der Anklage soll Edson T. nach dem Aufwachen seinen Freunden lachend erzählt haben, dass er Sara B. K.-o.-Tropfen ins Getränk gemischt hatte. Die Richter gingen im mündlichen Urteil nicht explizit auf die Tropfen ein.
Trotz all dem fällte das Gericht vergangene Woche ein Urteil, mit dem das Opfer nicht zufrieden ist. Zwar gab es drei Schuldsprüche wegen Schändung. Schändung, weil sich Sara B. nach Ansicht des Gerichts im widerstandslosen Zustand befunden habe. Die Haftstrafen reichen von 24 bis 36 Monate und sind alle teilbedingt. Keiner kassiert einen Landesverweis.
Sara B. und ihre Anwältin Jacy Pillonel finden das Urteil «lächerlich». Offenbar amüsierte sich auch einer der Verurteilten darüber. Die Opferanwältin sagt: «Edson T. hat sogar gelacht, nachdem wir alle wieder aus dem Gerichtsgebäude draussen waren.»
Widerliches Schändungsvideo
Es ist nicht das einzige Mal, dass der junge Angolaner zum falschen Zeitpunkt lacht. Blick hat ein Video gesehen, in dem Edson T. sich an Sara B. vergeht, die regungslos daliegt. Dabei schaut er über seine Schulter in die Kamera und lacht. Der Kurzfilm aus der Tatnacht ist abscheulich.
Dass er das Sexvideo aufgenommen hat, gibt Aaron M. im Gespräch mit Blick zu. «Ich bereue, das Video aufgenommen zu haben, und entschuldige mich dafür.» Doch die restlichen Vorwürfe weist er wie auch seine Mittäter von sich. «Wir hatten Sex mit ihr. Aber sie wollte es.» Er besteht sogar darauf, sie vor dem Sex nach ihrer Einwilligung gefragt zu haben. Dass Sara B. nun den einvernehmlichen Sex als Vergewaltigung darstellen wolle, sei eine «Frechheit».
Der junge Kongolese fragt sich: «Warum lügt sie? Warum will sie unsere Leben zerstören?» Und sowieso: «Ich habe es nicht nötig, eine Frau zu vergewaltigen.» Er habe an diesem Tag eine abgeschleppt, doch die sei dann vorher wieder gegangen.
Kurz: M. ist sich keiner Schuld bewusst. Trotzdem schämt er sich. «Alle reden über den Fall. Das ist peinlich.» Er habe nicht damit gerechnet, verurteilt zu werden. «Ich bin frustriert und schockiert.»
Auch der mitverurteilte David A. hat mit einem anderen Urteil gerechnet. «Wir sind unschuldig», sagt er zu Blick. «Wir werden bis zum Ende kämpfen, es ist noch nicht vorbei.» Edson T. wollte nicht zitiert werden.
Opfer denkt jeden Tag an Verbrechen
Ebenfalls noch nicht vorbei ist es für Sara B. und ihre Anwältin Jacy Pillonel. Denn auch sie wollen Rekurs gegen das Urteil einlegen. Natürlich mit dem gegenteiligen Ziel als das der Täter. Das Opfer meint: «Ich hätte mir gewünscht, dass ich für Jahre Ruhe vor meinen Peinigern gehabt hätte. Oder dass zumindest alle in den Knast müssen.» Denn: «Wir sprechen immer von vier Tätern.»
Unabhängig davon, wie lange die Täter im Gefängnis schmoren – das Trauma des Opfers wird für immer bleiben. «Ich denke jeden Tag daran, was damals passiert ist», sagt Sara B., obwohl sie nur bruchstückhafte Erinnerungen an die Tatnacht hat.
Mittlerweile leide sie an einer Depression. Immerhin: «Als das Video in Freiburg die Runde machte, tuschelte man hinter vorgehaltener Hand über mich. Das ist jetzt nicht mehr so. Aber der seelische Schmerz wird mich mein ganzes Leben begleiten.»
* Namen geändert
** Name bekannt