Um Gottes Willen! Der Pfarrer von Wünnewil-Flamatt FR, Hubert Vonlanthen, will kein Hollywood-Glamour in seiner Kirche. Das kriegt jetzt das auf Filmmusik spezialisierte Orchester Fribourg Film Orchestra & Chorus (FFOC) zu spüren.
140 Musikerinnen und Musiker, Sängerinnen und Sänger, Amateure wie Profis, sind Teil dieses Projektorchesters. Bereits zweimal, 2019 und 2021, ist das Ensemble in der Kirche Wünnewil mit «Hollywood in Concert»-Shows aufgetreten. An den Konzerten spielen sie Musik aus verschiedenen Hollywood-Filmen: «Avengers», «Lion King» oder «Zurück in die Zukunft» etwa.
«Den Menschen nützen keine Superhelden»
Für Herbst 2023 ist nun das nächste solche Konzert geplant. Doch: Pfarrer Vonlanthen möchte kein weiteres Hollywood-Konzert in der Kirche. In seiner schriftlichen Begründung an das FFOC teilt der Pfarrer mit, dass angesichts der katastrophalen Weltlage ein solches Konzert in der Kirche Wünnewil nicht angemessen sei.
Seine Begründung: «Den Menschen von heute, ob Gläubige oder nicht, nützen keine Fiktionen mit ‹übermenschlich› (d.h. pseudo-religiös) ausgestatteten, irrealen Superhelden-Retter, die bei diesem Projekt zu einem grossen Teil den Ton angeben.» Zudem wendet er ein, die Geschichte eines Frauenmörders («Das Parfüm») habe in der Kirche nichts zu suchen.
Der Pfarrer wünscht sich andere, «reale Hoffnungsperspektiven» für sein Volk. Es gelte, auf Jesus Christus zu verweisen und ihn in der heutigen Welt zu bezeugen. Denn nur er allein könne den Frieden bringen, schreibt er weiter. Heisst also, für ihn gibt es bloss einen einzigen Superhelden: Jesus Christus.
«Fast wie zu Gotthelfs Zeiten»
Mathias Boschung (46), Dirigent und Organisator des FFOC, findet es bedauerlich, dass sich Kulturschaffende im Jahr 2022 den Platz in der Kirche noch immer erkämpfen müssen. «Wenn der Pfarrer darüber entscheidet, was die Menschen brauchen und was nicht, ist das fast wie zu Gotthelfs Zeiten», sagt Boschung zu Blick.
Dabei will er den Zuschauern mit dem FFOC doch nur ein einmaliges Konzerterlebnis in einer ganz besonderen Ambiance bieten. Bei ihren Auftritten werden verschiedene Filmausschnitte zur Live-Musik von Orchester und Chor auf eine Grossleinwand projiziert und von einer Lichtshow begleitet. «Das audiovisuelle Erlebnis ist zentral. Die Kirche in Wünnewil ist bestens geeignet dafür, weil sie eine fast Kathedrale-ähnliche Höhe hat», erklärt Boschung.
Pfarrer hat das letzte Wort
Kommt hinzu: Das Ensemble braucht Platz. «Wir haben eine enorme Grösse. Natürlich haben wir uns bereits nach Alternativen umgeschaut. Aber bisher haben wir in der Region keinen anderen angemessenen Konzertsaal für unser Projekt gefunden», sagt Boschung. Und: «Würde die Kirche für unser Projekt wegfallen, wäre das schade für alle Mitwirkenden und das regionale Publikum.»
Bloss: Der Pfarrer ist der Hausherr und als solcher hat er das letzte Wort. Auf Anfrage von Blick teilt Vonlanthen einzig mit: «Die Sache ist nicht entschieden, wir sind noch im Gespräch.» Auch Boschung hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Entweder durch ein kleines Wunder doch noch in der Kirche auftreten zu dürfen oder einen Konzertsaal zu finden, der den Bedürfnissen der Grossformation gerecht wird.