So erlebte Blick-Reporterin Luisa Ita die zwei Tage im Militär
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Frauen in der Armee:Blick-Reporterin Luisa Ita (27) bei der Panzerartillerie

Frauen in der Armee – Blick-Reporterin Luisa Ita (27) wagt den Selbstversuch
«Die Nachtübung hatte es in sich»

Langsam gehen der Armee die Soldaten aus. Kürzlich hat Bundesrätin Viola Amherd darum einen obligatorischen Orientierungstag für alle angekündigt. Im Parlament ist das heftig umstritten. Blick-Reporterin Luisa Ita (27) hat den Selbstversuch als Frau in der Armee gewagt.
Publiziert: 22.10.2022 um 12:07 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2022 um 11:03 Uhr
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Für zwei Tage in der Armee: Blick-Reporterin Luisa Ita (27) wird zum Soldaten.
Foto: Thomas Meier
Luisa Ita, Daniel Künzli (Video) und Thomas Meier (Fotos)

Es ist stockdunkel. Ich liege auf dem Betonboden einer Scheune, eingekuschelt in meinen Militärschlafsack. Meine Nasenspitze ist eiskalt. Plötzlich durchbricht das rote Licht der Militärtaschenlampen die Dunkelheit, Hektik macht sich breit. Ich begreife nicht, was passiert – die Nacht war kurz.

«Soldat Ita, wir wurden von einer feindlichen Drohne entdeckt. Aufstehen!», befiehlt mir eine männliche Stimme. Ich funktioniere, ohne zu denken: Ich rolle den Schlafsack ein, ziehe den Tarnanzug an und reihe mich bei meinen fast ausschliesslich männlichen Kameraden für die Befehlsausgabe ein. Die einzige Kameradin: Aspirant Joelle Känzig (24).

Armee für alle bald Realität?

Dass die Armee zu wenige Soldaten hat, ist kein Geheimnis. «Am Ende des Jahrzehnts wird uns rund ein Viertel der Bestände fehlen!», sagte Armeechef Thomas Süssli (55) neulich im Blick-Interview. Das sind rund 30'000 Soldaten. Ausserdem beträgt der Frauenanteil in der Schweizer Armee bloss 1,4 Prozent. Sind sie die Rettung vor dem Personalmangel?

Erst kürzlich hat Bundesrätin Viola Amherd (60) angekündigt, einen obligatorischen Orientierungstag für alle einzuführen. Tatsächlich wäre dafür aber eine Änderung der Bundesverfassung nötig – und damit eine Volksabstimmung. Im Parlament ist der Vorschlag umstritten.

Keine Extrawurst für Frauen

Wie das Leben als Frau in der Armee ist, habe ich, Blick-Reporterin Luisa Ita (27), zwei Tage lang getestet. Schulkommandant Dominik Belser (48) empfängt mich für meinen Selbstversuch frühmorgens in der Offizierskaserne auf dem Waffenplatz in Thun BE.

«Bei uns in der Panzer/Artillerie Offiziersschule haben wir unterdurchschnittlich wenige Frauen. Vielleicht trauen sie sich weniger zu, weil es körperlich eher anstrengend ist. Aber ich bin überzeugt, dass jede Frau das auch problemlos könnte», so der ranghohe Militär. Eine Sonderbehandlung für Frauen gebe es jedoch nicht: «Das ist auch extrem wichtig für die Akzeptanz bei den Kameraden.»

Gegendert wird nicht

Tatsächlich habe auch ich das Gefühl, mich beweisen zu müssen. Ich bin nervös. Belser schickt mich ins Zeughaus, dort werde ich eingekleidet und danach in den Wald chauffiert. Da treffe ich zum ersten Mal auf die Offiziersaspirantin Joelle Känzig.

«Ich möchte gerne mit ‹Aspirant› angesprochen werden, ‹Aspirantin› mag ich nicht so gerne», meint sie direkt bei der Begrüssung und drückt mir Tarnfarbe in die Hand. Mit dieser soll ich mich schminken.

Die Aargauerin erzählt, dass sie zuvor das KV bei der Armee gemacht und später eine Zweitlehre als Automechanikerin begonnen hat. Militärdienst leiste sie seit 2019. Derzeit ist sie Panzeraufklärer im Grad eines Wachtmeisters und in der achten Woche der Offiziersschule.

«Ich führe gerne Leute und schätze die Kameradschaft sehr. So einen Zusammenhalt werde ich im zivilen Leben vermutlich nie erleben», so Känzig über ihre Motivation. Ausserdem ist es ihr wichtig, als Frau einen Dienst für ihr Land zu leisten. Im Alltag sieht sie die Geschlechterrollen pragmatisch. Zwar stehe im Reglement, dass man als Frau beispielsweise Anrecht auf einen abgetrennten Schlafplatz habe: «Aber da bestehe ich nicht darauf. Ich bin unkompliziert.»

Selbst ist die Frau

Wir fahren weiter nach Müntschemier BE und beziehen die Scheune eines Bauernhofs für eine Nachtübung. Bei dieser Übung sollen wir eine Brücke unentdeckt observieren. «Brauchen Sie Hilfe beim Tragen, Soldat Ita?», fragt mich Känzig. «Nein, es geht», antworte ich und schultere den Kampfrucksack. Sie schmunzelt: «Das war die richtige Antwort.»

Nach dem Aufbau des Beobachtungspostens und des Nachtlagers gibt es Abendessen: eine Fertignahrung, die nicht wirklich nach viel schmeckt. Danach lege ich mich in den Schlafsack. Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen: Es gibt hier keine Toilette, ich muss durchhalten.

Der hektische Start in den Tag lässt mich aber keine Sekunde an mein WC-Problem denken. Dass wir Frauen in der Unterzahl sind, fällt mir gar nicht auf. Die Männer scheinen keinen Unterschied zu machen, spannen mich ein. Der Zugführer aber ist mit uns nicht zufrieden. «Was ist das für ein Kabelsalat?», meint er beim Blick in den Anhänger, wo der in Windeseile abgebaute Posten verstaut ist. Also nochmals von vorne: Jedes Kabel wird fein säuberlich aufgerollt.

Fazit: Positive Überraschung

Dann geht es zurück nach Thun. Dort wartet ein Eagle auf mich, eine Art Panzer. Wir fahren über Stock und Stein und durch tiefe Pfützen, das Wasser spritzt meterhoch. Känzig strahlt über beide Ohren und auch mir macht es extrem Spass.

Danach tausche ich die Uniform wieder gegen meine Jeans ein. Ich freue mich auf ein richtiges Bett und eine heisse Dusche, bin aber vom Abenteuer Militär positiv überrascht. Die Selbstverständlichkeit, mit welcher Männer und Frauen Hand in Hand arbeiten, hat mich beeindruckt.

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