Obligatorischer Armee-Orientierungstag geplant
Amherd will jetzt auch Frauen verknurren

Der Armee gehen die Soldaten aus. Auch deshalb will das VBS vermehrt auf Frauen setzen. Nun kündigt Bundesrätin Viola Amherd einen obligatorischen Orientierungstag an. Im Parlament ist das heftig umstritten.
Publiziert: 21.09.2022 um 19:55 Uhr
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Aktualisiert: 22.09.2022 um 12:05 Uhr
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Armeechef Thomas Süssli und Verteidigungsministerin Viola Amherd wollen den Frauenanteil in der Armee deutlich steigern.
Foto: Keystone

Für FDP-Sicherheitspolitikerin Maja Riniker (44) ist es der einzig richtige Schritt. «Es ist nicht zu viel verlangt, einen Tag in die Sicherheit unseres Landes zu investieren.» Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter (41) dagegen befürchtet eine Salami-Taktik der Armee: «Frauen sollen einfach die Lücken in den Beständen füllen.»

Das Verteidigungsdepartement (VBS) von Viola Amherd (60) will Frauen zu einem obligatorischen Orientierungstag der Armee verknurren. Das kündigte die Mitte-Bundesrätin am Mittwoch im Ständerat an. Entsprechende Arbeiten seien bereits gestartet worden. Bis 2024 will das VBS seine konkreten Pläne vorlegen.

Bald fehlt rund ein Viertel der Bestände

Das Problem: Der Armee gehen die Soldaten aus. Immer weniger Schweizer leisten Dienst. «Am Ende des Jahrzehnts wird uns rund ein Viertel der Bestände fehlen!», sagte Armeechef Thomas Süssli (55) im Blick-Interview – rund 30'000 Soldaten. Beim Zivilschutz sieht es nicht besser aus.

Der Bundesrat prüft daher zwei Varianten für die künftige Dienstpflicht. Bei der einen würden der Zivildienst und der Zivilschutz zusammengelegt, bei der anderen die Dienstpflicht auf Frauen ausgeweitet. Der Ständerat hat am Mittwoch entsprechende Berichte des Bundesrats zur Kenntnis genommen. Egal, auf welche Variante es hinauslaufen soll: Der obligatorische Orientierungstag für Frauen soll auf jeden Fall kommen, erklärte Amherd.

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«Frauen müssen deswegen noch lange nicht ins Militär»

Im Parlament sind die Pläne heftig umstritten. Riniker wäre sogar für eine allgemeine Dienstpflicht. «Das ist vorerst aber noch kein Thema», betont sie. Es sei richtig, erst einen solch kleinen Schritt zu machen. Gleicher Meinung ist Mitte-Nationalrätin Ida Glanzmann (63): «Frauen müssen deswegen noch lange nicht ins Militär. Für sie bleibt die Armee freiwillig.»

Das sieht SVP-Nationalrätin Stefanie Heimgartner (35) genauso. Die Aargauerin, die als Motorfahrerin selber die Rekrutenschule absolviert und drei Swisscoy-Auslandeinsätze im Kosovo geleistet hat, hatte ein solches Obligatorium bereits per Postulat gefordert. «Persönlich habe ich schon festgestellt, dass viele Frauen ihre Möglichkeiten und auch Chancen in der Armee gar nicht kennen», begründet sie. «Durch diese Teilnahmepflicht soll dies geändert werden und zu mehr freiwilligen Frauen in der Armee führen.»

Deutlich kritischer sieht das die Ratslinke. Frauen könnten schon heute in die Armee, wenn sie das wollen, erklärt Schlatter: «Man kann sich ja auch mal die Frage stellen, warum das kaum eine macht.» Das VBS hatte Massnahmen angekündigt, um die Armee für Frauen attraktiver zu gestalten. «Weil das offenbar nicht klappt, sollen Frauen nun gezwungen werden», kommentiert SP-Sicherheitspolitikerin Franziska Roth (56). «Es wirkt, als gebe Bundesrätin Amherd vorzeitig auf.»

«Das ist kompletter Verhältnisblödsinn»

Kaschiert werde das Ganze dann unter dem Titel der Gleichstellung von Mann und Frau, kritisiert Roth. Aber: «Jene, die nach einer Gleichberechtigung bei der Armee rufen, sind dieselben, die sich etwa gegen Lohngleichheit wehren», ergänzt Schlatter. «Zudem haben Frauen hier sicher keinen Nachholbedarf, sie leisten schliesslich den Grossteil der Care-Arbeit.»

«Natürlich ist die Gleichberechtigung in vielen Bereichen noch nicht erreicht, aber das ist kein Grund, die Hände in den Schoss zu legen», entgegnet Riniker. Wollen die Frauen tatsächlich Gleichberechtigung erreichen, «müssen wir auch mal Hand bieten», ergänzt Glanzmann, «sonst erreichen wir sie nie.»

SP-Nationalrätin Roth lässt sich davon nicht überzeugen. «Wegen eines einzigen Informationstags will Bundesrätin Amherd gleich die Verfassung ändern. Das ist kompletter Verhältnisblödsinn», sagt sie. Tatsächlich wäre für die Einführung eines Obligatoriums eine Änderung der Bundesverfassung nötig – und damit auch eine Volksabstimmung. Roth: «Auf diesen Abstimmungskampf freue ich mich schon jetzt.» (dba)

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