Schulden, fehlende Patientenakten, streikende Mitarbeiter wegen ausbleibender Lohnzahlungen. Der deutsche Skandalarzt Thomas Haehner (49) erhitzt die Gemüter – vor allem seiner Patienten. Praxis um Praxis soll liquidiert werden. Immerhin: Jene in Rafz ZH wurde gerettet. Und in Oberuzwil SG kaufte ein 74-jähriger Hausarzt von Haehner die Praxis zurück.
Für Blick ordnet Yvonne Gilli (66), Präsidentin des Berufsverbands der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), das Debakel um den deutschen Praxen-Hamsterer ein. Sie sagt zu Blick: «Die Haehner-Katastrophe darf sich nicht wiederholen» Und: «Es ist nicht haltbar, dass in der Schweiz Patienten keine betreuenden Ärzte finden. Das bringt einen grossen Vertrauensverlust gegenüber den Ärzten mit sich.»
«Es hat viel zu wenig Ärzte»
Dass es überhaupt zu dem Desaster kommen konnte, führt Gilli auch auf die veraltete Struktur des Gesundheitssystems in der Schweiz zurück. «Es ist bereits zwei Mal zu vergleichbaren Skandalen gekommen. Das ist kein Zufall», sagt sie. Und: «Es hat viel zu wenig Ärzte – und nicht nur Hausärzte. Zwei Drittel des Personals muss im Ausland rekrutiert werden. Die Schweiz braucht massiv mehr Studienplätze.»
Die Statistik untermauert den Hilfeschrei des FMH: In den kommenden zehn Jahren geht jeder zweite Hausarzt in Pension. Weil der Anteil an Frauen im Beruf massiv zunimmt, braucht es im Schnitt pro Pension 1,3 frische Hausärzte. Ein eklatanter Mangel ist programmiert. «Die jungen Ärzte sind nicht mehr bereit, so viele Wochenstunden zu leisten. Dann kommt die Auszeit für die Mutterschaft dazu», sagt Yvonne Gilli. «Wir brauchen jetzt schnelle Reformen, sonst funktioniert das System schlicht nicht mehr.»