«Wer stellt solche ‹Dinge› ein?», kommentierte ein Bundesbeamter unter das Bild einer Frau auf X (früher Twitter). «Warum sind diese ‹Dinge› (Frauen?) hässlich und fett wie die HÖLLE?», schrieb er unter einen anderen Post. In den sozialen Medien hetzte er allerdings nicht nur gegen Frauen, sondern auch gegen den Bundesrat. «LÜGE ÜBER LÜGE...#SCHWEIZ #STOPTHEAPP #COVID19», wetterte er auf Linkedin während der Corona-Pandemie im Juni 2020. «Alles immer freiwillig, hat der Bundesrat versprochen. AB 6.6. OBLIGATORISCH!»
Diese Äusserungen blieben zunächst ungeahndet, wurden aber im September letzten Jahres bekannt. Denn am 6. September 2022 schrieb der Beamte eine E-Mail an alle Mitarbeitenden seines Amtes. Darin kritisierte er den Gebrauch der gendergerechten Sprache als «Genderwahn». Er bezog sich dabei auf George Orwells «1984», in dem ein totalitärer Überwachungsstaat beschrieben wird.
Treuepflicht über Meinungsfreiheit
Nachdem die frauenverachtenden Social-Media-Posts bekannt wurden, entliess der Vorgesetzte den Teamleiter fristlos. Dieser akzeptierte die Kündigung nicht und klagte vor dem Bundesverwaltungsgericht. Aus dem veröffentlichten Urteil geht dessen Entscheidung hervor: Die Meinungsäusserungsfreiheit sei in diesem Fall weniger hoch zu gewichten als die Treuepflicht des Beamten gegenüber seinem Arbeitgeber.
In ihrem Urteil bestätigen die Richter, dass der Beamte zwar «insbesondere das Recht hat, sich seine Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten». Allerdings müsse der Beamte «die Schranken beachten», die sich aus seiner Stellung ergeben. «Die Meinungsfreiheit findet dort ihre Grenzen, wo sein Verhalten die Amtsführung und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung beeinträchtigt».
Beamter fordert Entschädigung
In seiner Arbeit nahm der Beamte als Beobachter an EU-Behörden-Sitzungen teil. Zudem führte er Verhandlungen in internationalen Angelegenheiten und hatte Zugang zu vertraulichen Dokumenten. Um das Ansehen des Amtes zu wahren, sei die fristlose Entlassung notwendig gewesen. Andernfalls wäre der Eindruck entstanden, dass das «verwerfliche Frauenbild» des Beamten toleriert werde. Eine Abmahnung hätte laut Urteil nichts gebracht, da sich der Mann als «unbelehrbar» erwiesen habe.
Der Beamte will das nicht hinnehmen. Er behauptet, auf mysteriöse Weise sei ein zweiter Twitter-Account auf seinen Namen eingerichtet worden, um ihm zu schaden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ficht er beim Bundesgericht an. Sein Ziel: Wiedereinstellung – oder ein Jahresgehalt als Entschädigung. (gs)
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